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DNYANESHWARI


KAPITEL 2
 

DER PFAD DES WISSENS


 

SHRI KRISHNA TRÖSTET ARJUNA

Shri Krishna sagte: "Arjuna, denke zunächst darüber nach, ob dir diese Art von Gespräch und dieses Verhalten auf dem Schlachtfeld geziemt. Erkenne, wer du bist und was du tust. (2:6). Was ist nur über dich gekommen? Was tut dir Leid? Es sieht dir nicht ähnlich, sich über unwichtige Dinge zu kümmern und den Mut zu verlieren. (2:7-8). Du, der du für deinen unbedingten Mut berühmt bist, weinst! (2:11). Lasse dein Gemüt nicht durch Schwäche beherrschen. Sammle deinen Mut und komm' wieder zu Sinnen. Lasse diesen Unsinn, stehe auf und nimm Pfeil und Bogen. Was nützt Mitleid auf dem Schlachtfeld? Du bist intelligent. Warum erkennst du dann nicht, dass Mitleid auf dem Schlachtfeld nichts nützt? Es schadet nur deinem Namen und bewirkt, dass dir die Wohltaten der anderen Welt verloren gehen. (2:17-20). Diese Art von Mitleid ist in Kriegszeiten nicht von Nutzen. Erkennst du erst jetzt, dass die Kauravas deine Verwandten sind? Kanntest du sie nicht schon vorher? Ist dieser Streit etwas Neues in deinem Leben? Vielmehr ist die Angelegenheit zwischen dir und den Kauravas als normal zu bezeichnen. (2:23-25). Durch deine Illusionen wirst du dein Ansehen verlieren, das du bisher erreicht hast, und du wirst nicht nur alles in dieser Welt verlieren sondern auch in der nächsten. Ein richtiger Krieger sollte sich von der Weichheit des Herzens fernhalten; ansonsten wäre es ein tiefer Fall für einen kshatriya." (2:27-28).

Arjuna wiederholte jedoch seine Bitten und sagte, dass er nicht so undankbar sein könne, mit seinem eigenen Lehrer (Dronacharya) zu kämpfen und ihn zu töten, dem er all seine Geschicklichkeit im Kampf verdanke und der wie ein Vater zu ihm sei und daher verehrt werden müsse. Schließlich, als er erkannte, dass Shri Krishna nicht auf seine Bitten hörte, sagte er, dass er verwirrt sei und bat Shri Krishna um den richtigen Rat, der mit dem dharma (Regeln des richtigen Verhaltens) konform sei. Er fügt hinzu, dass Shri Krishna ihm Lehrer, Bruder, Eltern, Familiengottheit und Erretter sei. (2:30-68).

 

DIE GEBURTS-TODES-ZYKLEN SIND NATÜRLICH

Darauf sagte Shri Krishna: "Arjuna, ich bin von dem, was du tust, wirklich überrascht. Du nennst dich kenntnisreich, kannst dich aber nicht von deinem Unwissen trennen. Und wenn ich dir etwas beibringen will, hältst du mir Vorträge über Ethik. (2:91-92).

Sage mir, wird dieses Universum nur wegen dir erhalten? Dann muss das falsch sein, was die Leute über das Universum erzählen, dass es nämlich seit undenkbarer Zeit existiert. Ist das ganz falsch, was jeder über die Schöpfung sagt "Alle Geschöpfe werden durch den einen und einzigen Gott geschaffen" ? Haben wir jetzt den Zustand, dass das, was geboren wird, durch dich geschaffen wird, und was stirbt, durch dich getötet wird? Und dass die Kauravas vernichtet werden, nur weil du das willst? Oder dass sie, wenn dein Ego entscheidet, sie nicht zu töten, unsterblich werden? Vielleicht erliegst du dem Irrglauben, dass Menschen sterben, weil du der Einzige ist, der den Tod verursacht? Arjuna, Geburt und Tod sind vor Urzeiten eingerichtet worden und sind natürliche Vorkommnisse; warum sollte dir dieses ohne Grund Leid tun? (2:94-100). Arjuna, Leute mit kritischem Urteilsvermögen wissen, dass beides, Geburt und Tod, Illusionen sind, und beklagen sich nicht über sie. (2:102). Das Gefühl "dieses wurde geboren" oder "das ist gestorben" wird wegen maya (Selbsttäuschung, Illusion) erzeugt; andererseits ist das Grundprinzip Brahman unzerstörbar. Der Wind erzeugt Wellen auf dem Wasser, das wieder eine glatte Oberfläche bekommt, wenn der Wind abflaut: was wurde da erzeugt und was wurde zerstört? (2:105-107).

Denke über das deutliche Beispiel des Körpers nach. Derselbe Körper erfährt mit dem Altern Änderungen. Zuerst ist der Körper kindlich. Das geht vorbei und die Jugend kommt, aber der Körper wird nicht zerstört, wenn ein Zustand geht und der nächste kommt. Genauso ereignen sich im Leben des Einzelnen Änderungen, wobei der Unterschied darin besteht, dass ein Körper geht und durch einen anderen ersetzt wird; aber die Seele wird dabei nicht zerstört. Wer dieses versteht, leidet nicht unter der Illusion von Leben und Tod. (2:108-110).

 

DIE SINNESFREUDEN ALS GRUND FÜR ILLUSION

Der Grund, warum die Menschen dieses nicht erkennen, liegt darin, dass sie die Sklaven ihrer Sinne sind. Der durch Sinnesfreuden gefangene Verstand wird zu den irrigen Gefühlen von Glück und Unglück abgelenkt. Die Lust an Sinnesfreuden erzeugt dabei ein Anhaften an die Sinnesobjekte. An den Sinnesobjekten ist nichts Dauerndes. Manchmal erzeugen sie Freude, manchmal Schmerzen. Zum Beispiel erfreut ein Lob, während Kritik unerfreulich wirkt; harte Sachen sind unerfreulich, während weiche Freude bereiten usw. (2:111-114). Dieses führt zum Unwissen bezüglich der wahren Natur des Selbst in diesem Leben. (2:118).

Die Menschen gehen den Sinnesorganen (Verstand inklusive) in die Falle, und wenn sie Gefühle wie heiß und kalt spüren, unterliegen sie den Gefühlen von Freude und Schmerz. Die Natur des Sinnesorgane ist so, dass sie das Gefühl hervorrufen, es gäbe nichts besseres als Sinnesfreuden von Körper und Verstand. Diese Sinnesobjekte sind aber so flüchtig wie eine Fata Morgana. Man sollte sich nicht mit ihnen abgeben. (2:123-124).

Freude und Schmerz berühren denjenigen nicht, der durch diese Sinnesobjekte nicht beeinflusst wird; er hat auch keine Wiedergeburt zu erleiden. Vergiss nicht, dass derjenige, der nicht von den Sinnesobjekten gefangen wird, gänzlich unvernichtbar ist.(2:123-124).

 

DAS HÖCHSTE PRINZIP – DAS BRAHMAN

Arjuna, ich werde dir jetzt von einer anderen Sache erzählen, die sensible Menschen bemerken. In dieser von Irrtümern durchdrungenen Welt gibt es ein geheimnisvolles Prinzip, in dem alle Philosophen übereinstimmen. (2:125-126). Wenn jemand mit Wissen darüber nachdenkt, was universell ist, scheiden die zur materiellen Welt gehörenden Dinge aus, und es bleibt ihm nur das Prinzip des Selbst (oder der Seele), worüber er nachdenkt. Ist er einmal zu dem endgültigen Schluss über das gekommen, was wahr und unwahr ist, nimmt er eine vergängliche Sache wie den Körper nicht mehr wahr. Sorgfältiges Nachdenken führt zu dem Schluss, dass alles vergängliche und irrige unwichtig und dass das Dauerhafte wichtig ist. Der Schöpfer dieses Universums ist bar von Merkmalen wie Farbe oder Form. Er ist alldurchdringend und jenseits von Geburt und Tod. Er kann nicht vernichtet werden – selbst wenn du das wolltest. Andererseits sind Körper von Natur aus sterblich, und von daher ist es richtig, dass du kämpfst. Nicht du bist der Zerstörer der anderen, und sie sind auch nicht durch dich sterblich geworden. Falls du anders denkst, tust du das aus Unwissen. (2:131-138).

Die im Traum gesehenen Dinge erscheinen während der Dauer des Traums wirklich zu sein, aber wenn wir erst einmal wach geworden sind, erkennen wir, dass sie nicht real waren. Du erfährst nur eine ähnliche Illusion durch Selbsttäuschung. (2:139-140).

 

DIE SEELE IST UNSTERBLICH

Selbst wenn der Körper stirbt, stirbt die Seele (Atman) nicht. Dehne deshalb deinen Eindruck vom Tod des Körpers auf die Seele aus. (2:141). So wie jemand seine alten Kleider wegwirft und neue trägt wirft die Seele, der Meister des Bewusstseins, einen Körper weg und nimmt von einem anderen Besitz.

Diese Seele ist ohne Geburt, dauernd, ewig, rein und ohne Form. Sie kann nicht von Waffen zerschnitten werden, kann nicht in der Flut ertrinken, Feuer kann sie nicht verbrennen und der Wind kann sie nicht wegwehen. Diese dauerhafte und ewige Seele durchdringt alles. Sie kann nicht durch Überlegung verstanden sondern nur durch Meditation erfahren werden. Diese unendliche Höchste Wesenheit ist dem Verstand und für Geräte und Techniken nicht zugänglich. Sie ist grenzenlos und das Höchste für alle lebenden und nichtlebenden Objekte. Sie hat keine der drei Merkmale (sattva, raja und tama), ist zeitlos und jenseits aller Form und Fassbarkeit. Arjuna, falls du diese Seele erkennst, die in jedem wohnt, werden deine Sorgen verschwinden. (2:144-151).

Und selbst wenn du denkst, dass die Seele zerstört werden könnte, ist das für dich kein Grund zu trauern, denn der Kreislauf von Entstehung, Sein und Auflösung fließt immer weiter wie die Fluten des Ganges. (2:152-153). Die drei für alle lebenden Wesen anwendbaren Zustände gelten auch für die Seele. Dein Kummer in diesem Zusammenhang ist fehl am Platz, weil dieser natürliche Kreislauf schon seit undenkbarer Zeit stattfindet. (2:155-156). Geburt und Tod sind unvermeidlich.(2:158).

 

WAS GEBOREN WIRD, STIRBT UND WIRD WIEDERGEBOREN

Was auch immer geboren wird, vergeht und wird später wiedergeboren. Das Rad von Leben und Tod dreht sich seit undenklichen Zeiten wie der Zyklus von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Zur Zeit der großen Sintflut werden diese drei Welten auch zerstört. Daher sind Anfang und Ende unausweichlich. (2:159-161).

Vor der Geburt haben die Geschöpfe keine Gestalt. Sie erhalten sie mit der Geburt. Wenn sie sterben, erreichen sie sicher keinen anderen Zustand sondern den vorherigen. Die Gestalt, die du zwischen Geburt und Tod siehst, ist die Projektion, ein Trugbild, des Brahman, das durch den Einfluß der Selbsttäuschung (maya) zustande kommt. (2:164-166). Alle Geschöpfe erlangen durch maya Gestalt; warum solltest du also Tränen über etwas vergießen, was eigentlich nicht existiert? Du solltest lieber über die unsterbliche Seele (atman) nachdenken. (2:168-169).

Diejenigen, die Liebe gegenüber diesem atman entwickeln, werden nicht durch Sinnesobjekte abgelenkt. Sie werden entspannt und leidenschaftslos und führen ein Eremitenleben. Mit dem atman (Seele oder Selbst) als Ziel beachten sie Einschränkungen wie den Zölibat und die Buße. (2:170-171). Viele haben durch die Konzentration auf das reine Selbst einen Zustand der geistigen Ruhe erreicht und alle Gedanken über die materielle Welt fallengelassen. Viele haben ein Losgelöstsein entwickelt, und vertiefen sich immer mehr in das Selbst, indem sie Loblieder singen. Einige haben ihr "Ich bin der Körper"-Gefühl abgelegt, während andere eins mit ihrer Seele wurden. Ähnlich wie sich der Fluss mit dem Ozean vermischt und nicht zurückkehrt, werden die höheren Yogis eins mit der Seele, wenn sich ihr Geist mit ihr vermischt hat, und sie werden nicht wiedergeboren. (2:172-176). Das alldurchdringende Brahman ist in jedermann. Es kann nicht zerstört werden, selbst wenn du es wolltest. Es ist der Grund von Geburt und Tod jedes Geschöpfes. (2:177-178),

 

DHARMA- DIE RICHTIGE VERHALTENSREGEL

Hast du dein dharma vergessen (Regeln für das richtige Verhalten und die Pflichten), das dich durch dein Leben führt? (2:180). Dein swadharma (d.h. das persönliche dharma) darfst du nicht aufgeben, egal was den Kauravas oder dir geschieht. Falls du dein persönliches dharma aufgibst und mitleidig wirst – wird dich dein Mitleid retten? Dieser Anflug von Nettigkeit ist während eines Krieges nicht angebracht. (2:182-183). Das Eigeninteresse wird verletzt, wenn man die falschen Dinge zu falschen Zeit tut. Komme deshalb wieder rechtzeitig zu Sinnen und gehorche deinem swadharma. Ein durch das swadharma vorgeschriebene Verhalten hinterlässt nie einen Makel. (2:185-186). Alle Wünsche werden erfüllt, wenn du dem swadharma folgst. Für euch kshatriyas (Krieger-Kaste) gibt es nichts angemesseneres als der Kampf. (2:188-189). Die kshatriyas bekommen die Gelegenheiten zum Kampf als Ergebnis vieler Verdienste. (2:194). Falls du diesen Krieg vermeidest und über falsche Dinge grübelst, ist das so gut wie Selbstmord. (2:196). Falls du das swadharma aufgibst, lädst du Sünde auf dich und der Makel des Versagens wird für Generationen nicht gelöscht werden. (2:201).

Und wie willst du denn dieses Schlachtfeld verlassen? Dass du die Feindschaft mit reinem und freundlichem Herzen aufgegeben hast, ist etwas, was deine Feinde nicht verstehen werden. Sie werden dich umzingeln und mit einem Hagel von Pfeilen überschütten, und dann wird dir deine Freundlichkeit auch nicht zur Flucht verhelfen. Selbst wenn du entkommst und überlebst, wäre das Leben dann schlimmer als der Tod. (2:202-205).

Du bist außergewöhnlich berühmt, und diese Kauravas fürchten dich. (2:215). Diese Furcht wird vergehen, wenn du nachgibst. (2:217). Und selbst wenn du weglaufen willst, werden sie dich nicht lassen. Sie werden dich gefangennehmen und lächerlich machen. Warum solltest du sie nicht tapfer besiegen und den Thron mit Freude besteigen, anstatt all die Verleumdungen zu hören und ein gebrochenes Herz zu haben? Und selbst wenn du im Kampf sterben solltest, wirst du in das himmlische Königreich kommen (als im Kampf gefallener Krieger). Vergeude deshalb nicht deine Zeit mit Nachdenken, nimm Pfeil und Bogen und mache dich kampfbereit. (2:218-221).

Das Befolgen des swadharma löscht alle vergangenen Makel aus. Warum solltest du also befürchten, eine Sünde zu begehen? (2:222). Es wäre nur dann eine Sünde, wenn du mit dem Wunsch auf persönlichen Erfolg im Kopf handeln würdest, selbst wenn die Handlung vom swadharma vorgeschrieben ist. Falls du als kshatriya mit einer wunschlosen Einstellung kämpfst, ist keine Sünde im Spiel. (2:224-225).

Gleichmut gegenüber Glück und Unglück.   Man sollte weder durch Glück erfreut noch durch Unglück niedergeschlagen sein. Auch sollte man nicht über Gewinne und Verluste nachdenken. Man sollte nicht vorher dauernd darüber nachdenken, ob man in diesem Krieg sterben wird oder nicht. Man sollte ruhig sein Los akzeptieren, während man gemäß seinem swadharma handelt. Mit dieser Einstellung begangene Taten führen nicht zu irgendeinem Makel; also, Arjuna, gehe und kämpfe mit Entschlossenheit! (2:226-229).

 

DAS YOGA DES VERSTANDES (BUDDHIYOGA)

Was ich dir bisher erzählt habe, ist das Yoga des Wissens der Sankhya-Philosophie. Jetzt werde ich dir vom Yoga des Verstandes erzählen. (2:230). Beim Befolgen dieses Yoga-Pfades des Verstandes brauchst du nicht auf die weltlichen Freuden verzichten und kannst doch gleichzeitig der Erlösung sicher sein. Wie vorhin in Zusammenhang mit dem swadharma erwähnt sollte man seine Pflichten erfüllen, ohne sich um den Erfolg seines Handelns zu kümmern. Wem diese Einstellung gegeben ist, seine Pflicht zu tun, ohne auf den Erfolg aus zu sein, wird sofort von allen Lasten befreit (von Geburt und Tod). (2:233-235).

Ein Verstand, der nicht von den Gedanken an Sünde oder Verdienst berührt ist (d.h. ein wunschloser Verstand, weil es das Verlangen ist, was zu Sorgen über Sünde und Verdienst führt), der äußerst aufmerksam und ruhig ist und nicht durch die drei Merkmale sattva, raja und tama befleckt ist, legt die Furcht vor der materiellen Welt ab, falls er Kraft der Verdienste aus früheren Leben den Geist nur etwas erleuchtet. (2:236-237).

Rechtschaffener und niedriger Verstand.   Selbst wenn er nur etwas entwickelt ist, sollte man einen rechtschaffenen Verstand nicht für unwichtig erachten. Der rechtschaffene Verstand, der soweit kommt, Gott zu erfahren, ist allerdings sehr selten. (2:238-239). Dieser einzigartige Verstand in der Welt kennt kein anderes Ziel, als Gott nahe zu kommen. Alle anderen Arten von Verstand sind verdorben und durch Leidenschaften betroffen, von denen Menschen ohne Urteilsvermögen entzückt werden. Deshalb, Arjuna, können diese Menschen ohne kritisches Urteilsvermögen vielleicht Himmel, Erde oder Hölle erreichen aber nie die Seligkeit des Selbst. (2:241-244).

Diese Menschen führen große vedische Rituale durch und zitieren die Veden zu ihrer Unterstützung, aber sie machen das mit dem Hintergedanken, Vorteile daraus zu ziehen. Sie sagen, dass man auf dieser Erde geboren werden und die Rituale, wie z.B. Brandopfer, durchführen sollte, um dann die daraus folgenden Freuden im Himmel zu genießen. (2:245-246). Sie führen wohl alle Rituale vorschriftsmäßig durch, machen dabei aber eine unglückselige Sache: Indem sie als Ziel die himmlischen Freuden vor sich haben, vergessen sie den eigentlichen Gott, in dessen Namen sie die Rituale durchführen. (2:249-250). So wie man ein ausgezeichnetes Mahl kocht und es dann gegen Geld verkauft, verkaufen sie das dharma für den Vorteil des Vergnügens. Deshalb sage ich immer, dass in den Menschen, die ihre Zeit mit Debatten über die Veden zubringen, ein verdorbener Charakter steckt. (2:254-255).

Merkmale der Bestandteile der Veden.

Die Veden (sie umfassen die Samhitas, Brahmanas, Aranyakas und die Upanischaden) sind zweifelsohne mit den drei Merkmalen sattva, raja und tama verbunden. Die Upanischaden und andere philosophische Werke sollten zusammen mit dem Attribut sattva betrachtet werden. Der Rest, die die Raja- und Tama-Attribute haben, behandeln Rituale und andere Übungen, um in den Himmel zu gelangen. Sie sind daher der Grund für Freude und Sorgen und du solltest sie nicht in deinen Gedanken haben. Werfe diese Attribute weg, sprich nicht von "ich" und "mein" und behalte das Glück der Selbst-Erkenntnis fest in deinem Geist.

Die Veden mögen dir viele Dinge erzählen und viele Rituale vorschlagen – wähle nur das aus, was wohltuend für dich ist. Nach tiefem Nachdenken bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es gut für dich ist, schlechte Taten zu vermeiden und die in den Shastras vorgeschriebenen Handlungen durchzuführen, aber ohne den Wunsch, dafür belohnt zu werden. Tue deine Pflicht gemäß deinem persönlichen dharma in einer begierdelosen Haltung. (2:256-266). Wenn du glücklich genug bist, erfolgreich zu sein, freue dich nicht darüber, und sei nicht traurig, wenn du aus irgendeinem Grund keinen Erfolg hast. Wenn irgendeine Arbeit unternommen wird, so ist es fein, wenn sie vollendet wird, und wenn sie nicht fertig wird, ist es auch in Ordnung. (2:268-269). Jede Arbeit, die wir unternehmen, wird vollendet, wenn sie für Gott ausgeführt wird. (2:271).

Eine ausgeglichene Geisteshaltung gegenüber Erfolg und Misserfolg wird als der beste Yogazustand gefeiert. Gleichmut des Geistes, bei dem Verstand und Geist zusammenarbeiten, ist das Wesentliche am Yoga. (2:272-273).

 

DER PFAD DES HANDELS ODER DAS KARMA-YOGA

Wenn man alles bedenkt, ist der Pfad des Handelns von geringerem Wert im Vergleich zum Yoga des Wissens. Tatsächlich ist man aber beim Yoga des Wissens auch nur erfolgreich, wenn die Handlungen mit einer begierdelosen Einstellung durchgeführt werden, weil eine Ablehnung der Handlungen für sich (indem man sie Gott darbringt) normalerweise zum Yoga-Zustand führt. Daher, Arjuna, festige deinen Geist mit Hilfe des Yoga des Wissens und gib das Verlangen auf, für deine Handlungen belohnt zu werden. Diejenige, die den Yoga des Wissens befolgen, gehen über diese materielle Welt hinaus und werden von den Verwicklungen in Sünde und Verdienst befreit. Diese Leute weisen den Verdienst der Pflichterfüllung zurück, werden von den Geburts- und Todeszyklen befreit und erreichen den ewigen Glückszustand. Arjuna, du wirst genauso, wenn du deinen Irrtum aufgibst und dein Geist objektiv wird. Dann wird das reine mystische Wissen in dir aufsteigen, und dein Geist wird automatisch klar. In diesem Zustand tauchen die Gedanken daran, noch mehr Wissen zu erlangen oder sich an irgendwelche in der Vergangenheit gelernte Dinge zu erinnern, nicht mehr auf. Dann wird der Geist, der durch den Einfluss der Sinnesorgane umhergeschweift ist, ohne Mühe ruhig und verbleibt in der Höchsten Seele. Wenn Geist und Verstand ruhig werden, erreichst du den Samahdi-Zustand, das ruhige, stille Glück, und erst dann hast du den Yoga-Zustand erreicht. (2:274-284).

GEFESTIGTES ERKENNEN UND GEFESTIGTER VERSTAND

Darauf fragte Arjuna:"Shri Krishna, wer sollte ‘Person mit einer gefestigten Erkenntnis (sthitapradnya)’ genannt werden, und wie kann man ihn erkennen? Und was sind die besonderen Eigenschaften von jemanden, den man eine Person von gefestigtem Verstand (sthirabuddhi) nennen kann? Und wie erkennt man jemanden, der dauernd den Zustand von Samadhi genießt? In welchem Zustand befindet er sich und wie sieht er aus?" (2:287-289).

Shri Krishna antwortete:"Der im Geist herrschende starke Wunsch nach Sinnesfreuden steht dem Glück des Selbst im Weg. Wer immer zufrieden ist, wen das Verlangen nach Sinnesfreuden, das der Grund für den Untergang des Menschen ist, zu seinem Wohle verlassen hat und wer immer vom Glück des Selbst umfangen ist, sollte als eine Person mit gefestigter Erkenntnis (sthitapradnya) angesehen werden.(2:291-293).

Verlangen und Sorgen verschwinden ganz natürlich aus dem Geist eines Menschen, der sogar im Angesicht aller Art von Leiden gelassen bleibt und der sich nicht durch die Lockungen des Vergnügens vom Weg abbringen lässt. Wenn er einen Status der Vollkommenheit erreicht hat, ist er vollkommen frei von Furcht. Befreit von diesen Einschränkungen hat er das Einssein mit dem Brahman erreicht. Solch einen Menschen sollte man als Person mit gefestigtem Verstand ansehen. (2:294-296).

Solch ein Mensch verhält sich allem gegenüber immer mit einer unvoreingenommenen Haltung. Sein Zustand des dauernden Gleichmuts und des Mitleids mit allen Geschöpfen ändert sich nie. Er wird nie vom Glück durch angenehme oder vom Unglück durch unangenehne Dinge gepackt. Derjenige, der bar jeden Gefühls von Glück und Unglück im Höchsten Selbst versunken bleibt, sollte als eine Person mit gefestigtem Erkennen (sthitapradnya) angesehen werden. Und wer die vollkommene Kontrolle über seine Sinnesorgane hat, die ihm gehorchen, sollte als Person von gefestigtem Verstand angesehen werden. (2:299-3900)..

 

KONTROLLE DER SINNESORGANE

Ich werde dir jetzt eine interessante Sache erzählen, Arjuna. Diejenigen Suchenden, die sich Beschränkungen auferlegen und die Sinnesfreuden aufgeben, können in verschiedene Arten von Sinnesfreuden verwickelt werden, wenn sie Ohren, Augen usw. im Griff haben, ihre Zunge aber nicht hüten. (2:303-304). Man kann sich von allen Sinnesfreuden zurückhalten, ausser denen der Zunge. Man kann die durch die Zunge hervorgerufenen Freuden zwangsweise deshalb nicht ganz unterdrücken, weil unser Leben von Essen abhängt. Aber wenn ein Suchender den Zustand der Selbst-Erkenntnis erreicht, wird auch die Zunge von selbst beherrscht, und weil ihn das "ich bin der Körper"-Gefühl verlassen hat, vergisst er alle Sinnesfreuden. (2:307-309).

Diese Organe können nicht durch irgendwelche anderen Mittel unter Kontrolle gebracht werden. (NB: Es wird angedeutet, dass externe Mittel wie Rituale, Fasten, usw. nicht zweckvoll sind. Nur innerliche Mittel wie Meditation sind für diesen Zweck sinnvoll.). Denn sogar diejenigen, die sie dauernd zu beherrschen versuchen und ihren Geist durch Beachtung strenger Regeln und Einschränkungen unter Kontrolle halten, weren von ihnen immer wieder überfallen. So stark ist die Kraft dieser Organe. Sogar den Yogis erscheinen die Sinnesobjekte in Form von riddhi-siddhis (okkulten Kräften), die die Yogis durch sie gewonnen haben und die ihren Geist über die Organe beherrschen. Wenn er in ihren Fängen ist, weicht ein Yogi von seinem Studium des Yoga ab; so stark ist die Kraft dieser Organe. (2:311-314).

Daher, Arjuna, nur derjenige, der jedes Verlangen nach Vergnügen hinter sich lässt und seine Organe beherrscht und nicht durch die Sinnesorgane angelockt wird, ist das Vertrauen Wert, das Yoga in ihn setzt, nämlich Festigkeit des Verstandes. Solch ein Mensch hat das Wissen über das Selbst und vergisst Mich nie. (2:315-317). [FUßNOTE 2: Shri Krishna stellt sich hier zum ersten Mal als Höchste Seele dar.]

Wer auf der anderen Seite die Sinnenobjekte nur äußerlich aufgibt aber weiter an sie denkt, muss als nur in der materialistischen Welt beheimatet betrachtet werden. (2:318). Eine im Geist verbleibende vagste Spur von Verlangen zerstört das freie Ermessen. (2:320). Die bloße Erinnerung an diese Sinnesfreuden erzeugen sogar im Geist einer entrückten Person Verlangen nach ihnen. Dann entstehen im Geist Leidenschaften, und wo Leidenschaften sind, gibt es Ärger. Ärger führt zu Gedankenlosigkeit, die wiederum zu Vergesslichkeit führt, und dann ist der Verstand von der Finsternis des Unwissens verschlungen. Dann leidet der Verstand und wird richtungslos. So führt der Verlust der Erinnerung zu einem verworrenen Verstand, was wiederum das ganze Wissen zerstört. Auf diese Weise kann sogar ein gelegentliches Erinnern an Sinnesfreuden zu solch einem Absturz führen. Daher sind Ärger und Hass von selbst zerstört, wenn die Sinnesfreuden vollständig aus dem Geist verbannt werden. Sobald Ärger und Hass zerstört sind schaden die Organe nicht mehr, selbst wenn sie sich mit Sinnesfreuden abgeben. (2:321-332). Solch ein Mensch hat sich von Sinneseindrücken losgelöst, ist frei von Verlangen und Ärger und bleibt vertieft im Glück des Selbst. (2:334). Wer im Selbst versunken bleibt, kann ohne Zweifel als jemand mit einem gefestigten Verstand angesehen werden.

Sei fröhlich. Weltliche Sorgen erfassen keinen fröhlichen Geist. (2:238). Wie kann sich jemand unglücklich fühlen, wenn sein Herz fröhlich ist? Der Geist eines solchen Menschen bleibt natürlich auf Gott gerichtet. Wie eine Flamme in ruhiger Luft erreicht der Mensch mit gefestigtem Geist den Yoga-Zustand und wird mit dem Brahman vereint. (2:339-341).

Derjenige, in dessen Geist die Gedanken dieses Yoga nicht Fuß fassen, wird in der Falle der Sinnesobjekte gefangen. Sein Verstand ist nie ausgeglichen und hat auch nicht den Wunsch, ausgeglichen zu sein. Wenn in seinem Geist kein Gefühl für Beständigkeit ist, kann er keinen Frieden finden. So wie ein Sünder keine Erlösung erlangen kann, gibt es bei fehlender Friedensliebe kein Glück, auch nicht zufällig. (2:342-345). Daher ist Unausgeglichenheit des Geistes der Grund für Sorgen, und es ist am besten, die Sinnesorgane zu kontrollieren. (2:347).

Menschen, die sich von den Anforderungen der Sinnesorgane leiten lassen, gelangen nicht über die materielle Welt hinaus, obwohl sie es äußerlich zu tun scheinen. (2:348). Selbst der, der die Selbst-Erkenntnis erreicht hat, wird von den misslichen Folgen der materiellen Welt eingefangen, wenn die Sinnesorgane verwöhnt werden. Was gibt es daher für eine bessere Wahl, als die Sinnesorgane zu beherrschen? (2:350-351). Derjenige, dem seine Sinnesorgane gehorchen, kann als jemand mit einer gefestigten Erkenntnis angesehen werden. Höre jetzt eine andere Eigenschaft, die derjenige besitzt, der Perfektion im Yoga erreicht hat. (2:353-354).

 

EIN YOGI IST IMMER WACH

Während die anderen Geschöpfe hinsichtlich des Brahman in einem Schlafzustand sind, ist der Yogi für ihn immer wach und er schließt seine Augen nur vor den materiellen Dingen, um die alle anderen ringen. Solch ein Mensch sollte als großer Weiser, der an nichts hängt, erkannt werden. (2:355-356). Ihn kümmert es nicht, ob er die riddhi-siddhis (die okkulten Kräfte) erlangt hat oder nicht. (2:360). Durchdrungen von der Selbst-Erkenntnis ruht er im Glückszustand des Selbst und geht in diesem Zustand durch diese Welt, ohne sein Ego und alles Verlangen. Erkenne in ihm wirklich einen Menschen mit gefestigter Einsicht. (2:366-367). Dieses wird als extremer Zustand des Brahman bezeichnet, den die leidenschaftslosen Menschen erfahren, die mühelos eins mit Ihm werden. Wenn sie erst einmal eins mit dem Brahman geworden sind, gibt es keine Frage mehr, ob ihr Geist leidet oder ob ein Hindernis auf dem Weg sein wird, beim Sterben den Zustand des Brahman zu erreichen. (2:368-369).

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Erklärungen zu Kapitel 2:
siehe Bemerkungen am Ende der englischen Fassung www.dj6qo.de/dnye/dnye2.htm.

 

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Verweise auf Kommentare sowie die anderen Kapitel der Dnyaneshwari:
Portal                 Biographie Saint Dnyaneshwar                Prolog                    Shri Shankar Maharaj
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Ó Copyright  for the English version: V. V. Shirvaikar                        Email:  vshirvaikar@yahoo.com
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Essen, Mai 2000
Letzte Änderung: Essen, 2010-OCT-22           Eingangsseite des Übersetzers.