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DNYANESHWARI


KAPITEL 1
 

ARJUNAs NIEDERGESCHLAGENHEIT

 

HULDIGUNGEN

"Ich verneige mich vor der Höchsten Seele, die die Gestalt des AUM hat und die nur die Veden beschreiben können. Ich huldige Dir, der Du das Selbst bist und nur erfahren werden kannst. Oh Gott, Du bist der Ganesha, der den Geist jedes Menschen befähigt, alles zu verstehen." So spricht Dnyaneshwar, der Schüler Shri Nivruttinaths. (1:1-2).

(Dnyaneshwar Maharaj beschreibt nun in schönem poetischen Stil die Gestalt Ganeshas, des Gottes der Weisheit und Beseitigers der Hindernisse der Erkenntnis, indem er jeden Körperteil mit einem Wissensgebiet in Verbindung bringt. Er huldigt dann Sharada, der Göttin des Lernens und preist darauf seinen Guru Nivruttinath, indem er letzterem die Aufforderung zu diesem Werk und die Bereitstellung von Kraft, Begeisterung und Hingabe für diese sehr große Aufgabe zuschreibt. Er preist dann die Eigenschaften der Gita, die selbst große Meister mit Respekt lesen und genießen. (1:3-84).

Hierauf beginnt der Kommentar zum Text der Gita. Das unten Stehende ist eine Zusammenfassung des ersten Kapitels der Gita, das die Lage auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra bei Delhi am ersten Tag des Mahabharata-Krieges zwischen den Kauravas und den Pandavas beschreibt. König Dhritarashtra hatte Shri Krishna gebeten, ihm den Wunsch nach laufender Information über den Fortgang des Krieges zu erfüllen, da er als Blinder zu Hause bleiben musste. Shri Krishna in der Rolle des Bhagwans oder Gottes hat Dhritarashtras Wagenlenker mit einem göttlichen Sehvermögen ausgestattet, das ihm erlaubt, das Geschehen auf dem Schlachtfeld zu erfassen und dem blinden König zu beschreiben. Die Gita beginnt mit der Anweisung Dhritarashtras an Sanjaya, die Lage auf dem Schlachtfeld vor Beginn des Krieges zu beschreiben.)

DAS ERSTE KAPITEL DER GITA.

Von der Liebe zu seinen Söhnen überwältigt bittet Dhritarastra den Sanjaya, die Lage auf dem zuvor als geeignet befundenen Schlachtfeld von Kurukshetra (Siehe hierzu Anmerkungen am Ende dieses Kapitels.) zu beschreiben, wohin sich seine Söhne und die Pandavas begeben hatten, um gegeneinder zu kämpfen. (1:85-87).

Sanjaya erwiderte: "Die Pandava-Armee ist wie das Wasser zu Zeiten der Sturmflut vor Wut erregt. Ihr Anblick, wie sie in vielen strategischen Formationen aufgestellt sind, ist furchterregend. (1:88,91).

Duryodhana schaute sie aber verächtlich an, trat auf Dronacharya zu und bemerkte: "Sieh Dir die verschiedenen strategischen Aufstellungen der Pandava-Armee an. Diese wurden von Drishtadumna aufgestellt, dem Sohn Drupadas, den du unterwiesen und zu einem militärischen Fachmann gemacht hast. (1:92-95). Es gibt in ihrer Armee noch andere Krieger, die an Stärke und Fähigkeiten mit Bhima und Arjuna verglichen werden können. Dazu gehören die großen Kämpfer Yuyudhan, Virat und der große Wagenlenker Drupad. Ferner sind Chekitan, Dhrishtaketu, Kashiraj, Uttamouja und der große König Shaibya gekommen. Abhimayu, der Sohn Subhadras, sieht wie ein jüngeres Abbild Arjunas aus. Ferner sind noch andere Söhne Draupadis sowie viele andere Krieger gekommen. (1:99-102).

Jetzt werde ich dir die Namen der auf unserer Seite kämpfenden Krieger nennen. Hier ist unser Großonkel Bhishma mit Fähigkeiten, die so leuchten wie die Sonne. Der tapfere Karna gleicht einem Löwen. Dann haben wir die mächtigen treuen Anhänger Kripacharya, Vikarna, Ashwathama, Samitinjaya, Soumadatti und unzählige andere Kämpfer. (1:103-108, 109). Nebenbei, Großonkel Bhishma wurde zum Befehlshaber unserer Armee ernannt. Seine Stärke gibt dieser Armee das Aussehen einer Festung. Wer kann dieser Armee trotzen? Die Pandava-Armee andererseits ist sehr klein; dennoch erscheint sie mir riesig. An ihrer Spitze steht der Koloss Bhima als ihr Befehlshaber." (1:115-120).

Nachdem er dieses dem Dronachrya erzählt hatte, wandte sich Duryodhana an die übrige Armee, forderte sie auf, sich in geeigneten Formationen aufzustellen, die Verteidigung ihrer eigenen großen Krieger auf den Kampfwagen zu sichern und ermahnte sie eindringlich, Bhishma zu gehorchen. Dann bat er Dronacharya, Bhishma zu beschützen und ihm soviel Respekt zu verschaffen wie möglich, denn die Stärke ihrer Armee hing von Bhishma ab. (1:121-125). Als Bhishma dieses hörte, freute er sich sehr; er stieß einen Kriegsruf aus und blies in sein Tritonshorn, dass beide Armeen Angst bekamen. (1:130).

Nun höre dir an, wie es in der Pandava-Armee zugeht. (1:137). Shri Krishna, dessen Liebe für seine Anhänger nicht von dieser Welt ist, agiert aus Zuneigung zu Arjuna als dessen Kampfwagenlenker. Shri Krishna blies sein Tritonshorn Panchjanya, was das Kampfgeschrei in der Kaurava-Armee zum Schweigen brachte. Diesem folgten die schrecklichen Töne von Arjunas Tritonshorn und den Hörnern der anderen Pandavas. Andere Krieger wie Drupad, Kashiraj, Arjunas Söhne, Satyaki, Dhrishatadyuman, Dshikhandi, Virat und andere bliesen auch auf ihren Hörnern, deren Töne die Erde erschütterten. (1:142-143, 146-153). Die verunsicherte Kaurava-Armee wurde von ihren Anführern wieder formiert und begann, die Pandava-Armee mit einem Pfeilhagel zu überschütten. (1:164-165).

Zufrieden und gespannt schaute Arjuna auf seine Armee und als er sah, dass die Kauravas kampfbereit waren, hob er langsam seinen Bogen auf. Er bat Shri Krishna, seinen Kampfwagen schnell zwischen die beiden Armeen zu fahren, um die großen Krieger beobachten zu können, die zum Kampf hergekommen waren. Er sagte: "Ich muss entscheiden, welchen Gegner ich mir aussuche. Diese Kauravas haben normalerweise ein übles Wesen und obwohl sie zum Kampf drängen, fehlt ihnen der Mut." (1:167-173). Sanjaya berichtete Dhitarashtra von Arjunas Äußerung und erzählte, was weiter geschah.

"Oh König, Shri Krishna lenkte den Kampfwagen mitten zwischen die beiden Armeen, wo Bhishma, Drona und andere Könige schon warteten. Indem er diese ansah, sagte Arjuna: 'Schau, Shri Krishna, dieses alles sind unsere Familienangehörigen und Lehrer.' Als er dieses hörte, stutzte Shri Krishna und dachte: 'Was ist denn jetzt über Arjuna gekommen?; Aber er sagte nichts. (1:174-179). Arjuna sah seine Lehrer, den Großonkel, seine Verwandten und Freunde, Söhne und Enkel und war erschüttert. Mitleid stieg in ihm auf, und seine Kriegernatur ließ ihn im Stich. (1:180-182). Er sagte zu Shri Krishna: 'Ich sehe hier nur unsere Freunde und Verwandten. Sie sind zum Kampf hierhergekommen; aber ist es richtig, wenn wir dasselbe tun? Ich bin verwirrt, und mein Bogen ist mir aus der Hand gefallen. (1:194-198). Wenn wir die Kauravas töten müssen, warum sollten wir nicht auch meine eigenen Brüder töten? Beide gehören zu unserer Familie. (1:207). Es wird nicht richtig sein, diesen Krieg zu führen. (1:209). Ich habe kein Interesse daran, diesen Krieg zu gewinnen. Welchen Zweck hat es noch, Freuden zu genießen, nachdem man diese Leute getötet hat? (1:210-211). Ich werde mit der Sünde beladen sein, meine Familienmitglieder getötet zu haben.' (1:228). Arjuna erregte sich sehr und sagte, dass er in diesem Krieg keine Waffe anfassen werde, weil er es für unanständig hielt. (1:233). 'Der Körper, zu dessen Vergnügen man das Königreich gewinnen möchte, ist selbst nur kurzlebig. Wenn wir dieses wissen – warum verabscheuen wir diesen Krieg dann nicht?' (1:263). Von Schmerz überwältigt sprang Arjuna aus dem Kampfwagen, warf Pfeile und Bogen auf die Erde und konnte die Tränen nicht zurückhalten, die aus seinen Augen quollen." (1:268,272).

In den nächsten Kapiteln folgt, wie Shri Krishna den kummergeplagten Arjuna über die Bedeutung von geistigen Zielen berät. (1:274).

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ANMERKUNGEN seitens Dr. V.V.Shirvaikar

Anmerkung 1: Dieses Kapitel 1 enthält keinerlei philosophischen Inhalt.

Anmerkung 2: Shri Krishna als Bhagwan. Die Gita, oder Bhagvadgita, zu der die Dnyaneshwari von Saint Dnyaneshwar als Kommentar geschrieben wurde, ist ein Dialog zwischen Shri Krishna und Arjuna. Im Mahabharata, von dem die Gita ein Teil ist, wird Shri Krishna in der Rolle des Bhagwan oder allmächtigen Gottes in fleischgewordener Gestalt dargestellt. In der Gita werden sowohl Shri Krishna als auch Arjuna unter verschiedenen Namen erwähnt; zur besseren Verständlichkeit werden in dieser Übersetzung durchgängig die Namen Shri Krishna und Arjuna benutzt.

Wie der Leser vielleicht schon aus dem Prolog geschlossen hat, ist der Dialog in der Gita kein Tatsachenbericht sondern eine Darstellung, die seitens SAUTI in das Mahabharata eingefügt wurde. Zu seinen Lebzeiten wurde Shri Krishna nicht als Gott oder Reinkarnation Vishnus angesehen. Er wurde mit diesen Eigenschaften erst viele Jahrhunderte später belegt; dieses geschah jedoch schon vor SAUTIs Zeit (450 v.Chr.). So ist es verständlich, dass die Zusätze von SAUTI und von SUTA zum Mahabharata auf Shri Krishna als Bhagwan oder Gott hinweisen. Darüber hinaus kann man annehmen, dass die Bevölkerung zu jener Zeit Shri Krishna als Reinkarnation verstand. Das hat bei den Episoden in diesem Epos zu irrationalen Situationen geführt. Nachdem ihm die Rolle eines Avatar (Inkarnation) zugewiesen worden ist, wird Shri Krishna in Gita und Dnyneshwari als Bhagwan (Gott) erwähnt. In der Tat erhält Arjuna viele Ratschläge von Shri Krishna in dieser Rolle als Bhagwan, was Arjuna auch so auffasst.

Anmerkung 3: Gebrauch des Wortes YOGA. Das Wort Yoga wird in der Gita in verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Dieses kann sehr verwirren. Zum Beispiel werden der Titel jedes Kapitels als ein Yoga beschrieben. So wird das erste Kapitel als "Arjuna-Vishada-yoga" bezeichnet, was wörtlich "Yoga von Arjunas Niedergeschlagenheit" bedeutet. In dieser Übersetzung wurde das Wort Yoga aus den Titeln soweit es ging fortgelassen. Der Ausdruck Yoga hat die Wurzel yuj, was soviel wie "anschirren" oder "ins Joch einspannen" (Ochse usw) bedeutet. Es wird auch in der Bedeutung von "verbinden" oder "vereinigen" benutzt. Ferner wird es mit der Bedeutung "Konzentration von Geist und Verstand" gebraucht. So würde Yoga auch den Begriff des Vereinigens umfassen, z.B. die Vereinigung der körperlichen und geistigen Tätigkeiten (Meditation, innere Einstellung usw) zur Erreichung eines Zieles. Letzteres ist für geistige Suchende die Erkenntnis des Selbst. Yoga wird oft in der Bedeutung der Vereinigung der einzelnen Seele oder des einzelnen Bewusstseins mit dem Kosmischen Geist oder Brahman mittels Meditation benutzt. In der Gita erfolgt der Gebrauch des Ausdrucks Yoga eher freizügiger für die Beschreibung des Systems eines Ansatzes in Richtung Befreiung oder Selbst-Erkenntnis, was dasselbe wie die Vereinigung mit dem Brahman bedeutet. Auf diese Weise wurden die Ausdrücke Jnyanayoga (Yoga der Weisheit) und Karmayoga (Yoga des Handelns) benutzt. Der Leser sollte aus dem Kontext die zutreffende Bedeutung herausfinden, um Missverständnisse zu vermeiden.

Unter Yoga wird normalerweise derHatayoga verstanden, der ein System der Körperkontrolle mittels bestimmter Körperhaltungen im Zusammenspiel mit Pranayama (Atemkontrolle) ist. Es gibt jedoch viele andere Systeme von Yogatechniken, bei denen man im Lotussitz (Padmasana) oder Halblotussitz (Sahajasana) meditiert und sich auf den Punkt zwischen den Augenbrauen und manchmal auch auf seinen Atem konzentriert, wie es einem vom Lehrer vorgeschrieben wird (s. Kapitel 6).

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Verweise auf Kommentare und die anderen Kapitel:
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Ó Copyright  für die deutsche Fassung: Dietrich Platthaus                        Email:  dick@dj6qo.de

Essen, Mai 2000
Letzte Änderung: 2010-OCT-22           Eingangsseite des Übersetzers.