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DNYANESHWARI



KAPITEL 13 (Teil 2)

DAS FELD UND DER KENNER DES FELDES



UNWISSENHEIT

"Du musst verstehen, dass das, was nicht Weisheit ist, automatisch zu Unwissenheit führt. Ich erzähle dir jetzt einiges über die Hauptmerkmale der Unwissenheit. Ein Unwissender lebt für seinen Status. Er erwartet begierig Ehrungen und freut sich über Glückwünsche. Wer quasi steif vor Stolz ist und sich nicht verbeugen kann, sollte als Sitz der Unwissenheit angesehen werden. Er prahlt mit seinen religiösen Tätigkeiten und stellt seine Gelehrsamkeit groß heraus. Er gibt seine guten Taten öffentlich bekannt, und alle seine Handlungen dienen dazu, bekannt und bedeutend zu werden. Er täuscht seine Gefolgsleute durch öffentliche Auftritte, bei denen er auf seinen Körper Asche, Sandelpaste und Ähnliches aufträgt. Wisse, dass solch ein Mensch ein Hort der Unwissenheit ist. (13:656-661).

Grausamkeit. Ein Mensch, unter dessen Handlungen die ganze Welt leidet, dessen dahingeworfene Worte sogar wie Nadeln stechen, und dessen gesamte Pläne gefährlicher als Gift sind, sollte als jemand betrachtet werden, der sehr viel Unwissenheit besitzt. Sein Leben ist die Heimat von Gewalt. (13:662-664).

Sklave der Gefühle. Solch ein Mensch wird durch ein Treffen mit seinen Lieben in Hochstimmung versetzt und er ist deprimiert, wenn sie wieder abreisen. Er freut sich, wenn er gelobt wird und wird selbst bei der geringsten Kritik unglücklich. Wer die heftigen Angriffe geistiger Gefühle nicht ertragen kann, sollte als vollständig unwissend angesehen werden. (13:665-668).

Verschlossenheit. Die Sprache eines verschlossenen Menschen erscheint nach außen hin offen zu sein, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Er zeigt dem einem seine Freundschaft, hilft aber einem anderen. Irgendwie schafft er es, zu offenen Leuten gute Beziehungen aufrecht zu halten und gewinnt das Vertrauen guter Menschen - mit dem Ziel, ihnen letztendlich zu schaden. Solch ein Mensch ist wirklich unwissend. (13:669-672).

Respektlosigkeit gegenüber dem Guru. Der Respektlose schämt sich der Tradition seines Guru und dient ihm nicht gerne. Er lernt von seinem Guru, respektiert ihn aber nicht. Das bloße Erwähnen des Namens eines solchen Menschen kommt dem Gebrauch der Zunge zum Essen eines shudra (verbotenes Essen) gleich, aber ich selbst muss diesen jetzt erwähnen, indem ich dir dieses Merkmal der Unwissenheit erzähle. Solch eine Sünde kann durch das Aussprechen des Namens eines Anhängers des Gurus gesühnt werden. (13:673-676).

Zweifel und Habsucht. Ein Unwissender, der seine Pflichten vernachlässigt, hat seinen Geist voller Zweifel und ist von innen und außen unsauber. Aus Habsucht kümmert er sich nicht darum, ob Dinge ihm oder anderen gehören. Hinsichtlich Frauen ist er sehr locker.
Er schämt sich nicht, wenn er seine vorgeschriebenen oder die zufällig anfallenden Pflichten versäumt. Er schämt sich nicht, zu sündigen und mag keine rechten Handlungen. Sein Geist ist immer voller Zweifel, und er ist immer hinter dem Geld her. Verstehe, dass solch eine Person praktisch ein Denkmal der Unwissenheit ist. (13:678-684).

Der Unbeständige.  Wegen persönlichen Gewinns weicht er von gefassten Beschlüssen ab. Bei schrecklichen Situationen zittert er. Er wird von geistigen Höhenflügen gefangen genommen. Bei ungünstigen Nachrichten gerät sein Geist ganz durcheinander. Er kann nur dann an einer Stelle bleiben, wenn er hinfällt; ansonsten wandert er umher. Solch eine Person ist voller Unwissenheit. Er ist unbeständig wie ein Affe, und er hat nicht die Kraft der Bestimmtheit in sich. Er hat keine Angst vor verbotenen Handlungen. Auf halbem Wege gibt er Bußen auf, tritt die Rechtschaffenheit mit Füßen und kümmert sich nicht um die Regeln der Riten. Er scheut keine sündigen Handlungen und mag keine gerechten. Er trampelt die Schamgrenzen nieder. Er kümmert sich nicht um Familientraditionen und darum, was richtig oder falsch ist. Sein Geist wandert unbeherrscht mit den Gedanken an Sinnesfreuden umher. (13:685-699). Solch eine Person ist reich an Unwissenheit. (13:702).

Der Leidenschaftliche.  Er gibt das Verlangen nach Sinnesfreuden nicht auf, und zwar nicht nur zu seinen Lebzeiten, sondern auch für die Zeit nach seinem Tod, und er macht zu Lebzeiten Vorbereitungen, nach seinem Tod um des Vergnügens Willen in den Himmel zu kommen. Er bemüht sich andauernd um körperliche Vergnügungen. Er bevorzugt Handlungen, bei denen er seinen Wunsch befriedigen kann, die Ergebnisse zu genießen. Er betrachtet es als ungünstig, einen gelassenen Menschen zu treffen und er nimmt ein Bad, um sich nach solch einem Treffen zu säubern. Die Sinnesfreuden mögen seiner überdrüssig werden, aber er wird ihrer nicht überdrüssig. (13:703-705). Ihretwegen springt er sogar ins Feuer und er läuft umher und zeigt sein Wesen als sei es eine Zierde. (13:707).

Vernarrtsein in die Familie.  Von seiner Geburt bis zu seinem Tod schuftet er für Vergnügungen und ungeachtet der Schwierigkeiten liebt er sie mehr und mehr. Als Kind ist er in seine Eltern vernarrt. Wenn das vorbei ist, wird er in seiner Jugend vom weiblichen Körper angezogen, und während er damit beschäftigt ist, das Eheleben zu genießen, naht das Alter, in dem er dann dieselbe Liebe seinen Kindern zuwendet. Er verbringt wie ein von Geburt blinder Mensch seine ganze Zeit mit seinen Kindern, aber er wird bis zu seinem Tode der Sinnesfreuden nicht müde. In solch einer Person gibt es keine Grenze der Unwissenheit.
Jetzt höre weitere Charakteristika von Unwissenheit. (13:709-713).

Falscher Stolz und Eifersucht.  Solch ein Mensch erfüllt seine Pflichten in der "Ich-bin-der-Körper"-Haltung und er fühlt sich gestört, wenn bei seiner Eigendarstellung Mängel auftreten. Stolz auf seine Jugend und seine Bildung marschiert er umher und sagt:"Ich alleine bin groß und reich. Wer kann sein Benehmen mit meinem vergleichen?" Sein Ego lässt ihn vor Stolz anschwellen, er sei der Größte, er wisse alles und er sei beliebt. (13:714-717).

Er ist auf tugendhafte Personen eifersüchtig, stolz auf seine Bildung und auf die Stärke, die er durch Bußen und durch sein Wissen erworben hat. Du siehst ihn normalerweise vor Stolz geschwollen. Er ist unnachgiebig und unfreundlich. Selbst tugendhafte Menschen können ihn nicht zu Sinnen bringen. Ich sage dir nachdrücklich, dass das Unwissen solch einer Person laufend zunimmt. (13:724-727).

Das Vergessen der Geburts-Todes-Zyklen.  Wer dieses tut, Arjuna, kümmert sich um seinen Haushalt, seinen Körper und seinen Reichtum, aber nicht um seine vergangenen und zukünftigen Geburten. (13:728). Selbst wenn sein Körper krank ist und es aus allen neun Körperöffnungen tropft, bedauert er nicht die Gründe für seinen Zustand. Er wurde im Schmutz neun Monate im Bauch seiner Mutter quasi geköchelt; er machte dieses durch, kann sich aber an diese Unbequemlichkeit und die Schmerzen bei der Geburt nicht erinnern. Er krümmt sich nicht vor Übelkeit, wenn er Babies sieht, die in Faeces und Urin baden; und er denkt nicht daran, dass er gerade sein jetziges Leben beendet und dass das nächste bevorsteht. Nicht nur, dass er sich um den Tod nicht kümmert, während das Leben so schnell fortschreitet; er ist sich so sicher weiterzuleben, dass er sich weigert, die mögliche Existenz des Todes zu akzeptieren. (13:732-738).

In den Sinnesfreuden vertieft nimmt er nicht wahr, dass der Tod naht, während er vor sich hin lebt. Er hält nur seinen Körper und die Sinnes- freuden für wirklich, aber er erkennt z.B. nicht, dass es sein Verderben ist, wenn ihm eine Prostituierte alles anbietet. (13:743-745). Mit Essen und Schlafen beschäftigt, erkennt er nicht, dass ihm gerade diese Tätigkeiten Verderben bringen. Mit der Zeit wächst der Körper und mit ihm der Genuss der Sinnesfreuden, und der Schatten des Todes fällt immer mehr auf sein Leben; aber er sieht ihn nicht kommen. Wer den sich nähernden Tod wegen seiner intensiven Beschäftigung mit den Sinnenfreuden nicht sehen kann, ist König im Lande der Unwissenheit. (13:747-753).

Berauscht vom Leben sorgt er sich nicht um das nahende Alter. In seiner Jugend versteht er nicht, unter welchen Umständen er alt wird. (13:754). Solch eine Person ist wirklich unwissend. Wenn er einen lahmen oder gebeugten Menschen sieht, macht er sich über ihn lustig, aber er vergisst, dass er selbt bald in diesem Zustand sein wird. Selbst in hohem Alter, das das Zeichen des nahenden Todes ist, verlässt ihn nicht die Illusion über seine Jugend. Wisse, dass solch eine Person zweifellos der Aufenthaltsort der Unwissenheit ist. (13:760-763).

Wer sorglos bleibt, wenn der Feind schläft, und denkt, die Gefahr sei vorbei, wird mit seiner Familie umkommen. Genauso kümmert er sich nicht darum, dass er krank werden kann, solange sein Appetit und Schlaf gut sind und er zur Zeit nicht krank ist. In Gesellschaft von Frau und Kindern und mit wachsendem Wohlstand, der ihn vergiftet, bemerkt er nicht, dass er eines Tages von seiner Familie und von seinem Reichtum getrennt wird. Wer diesen zukünftigen Kummer nicht sehen kann, ist unwissend. (13:767-770).

Nachgiebigkeit.  Wer seine Sinnesorgane ungehemmt herumschweifen lässt, ist auch unwissend. In der Blüte seiner Jugend gibt er sich vom Reichtum unterstützt allen Arten von Sinnesfreuden hin, ob sauber oder unsauber; er tut, was nicht getan werden sollte, sehnt sich nach dem Unmöglichen und denkt an Sachen, an die er nicht denken sollte. Er geht dort hinein, wo er besser draußen bleiben sollte, bittet um Dinge, die er nicht nehmen sollte, berührt Dinge, die er nicht berühren sollte und macht alle die Dinge, an die man noch nicht einmal denken sollte. Er geht zu Orten, wo er nicht hingehen sollte, sieht, was er nicht sehen sollte, isst, was er nicht essen sollte und ist zudem dabei zufrieden. Er hat Umgang mit denen, die er meiden sollte, pflegt Beziehungen zu denen, zu denen er keine haben sollte und benimmt sich so, wie er es nicht tun sollte. Er hört Sachen, die er nicht hören sollte und plaudert Dinge aus, über die er nicht sprechen sollte, aber er erkennt nicht, dass ihm dafür die Schuld gegeben wird. Er tut Dinge, die Körper und Geist behagen, ohne nach der Richtigkeit zu fragen. Aber der Gedanke, dass er dadurch eine Sünde begeht und in der Hölle leiden muss, kommt ihm nicht. Der Umgang mit solch einer Person führt in solch einem Maß zur Verbreitung von Unwissen in der Welt, dass selbst Weise davon betroffen werden können. (13:771-780).

Zuneigung zur Frau auf Kosten der Eltern. Jetzt höre dir weitere Eigenschaften eines Unwissenden an. Seine Zuneigung gilt ganz seinem Zuhause und seiner Frau, und er kann seine Gedanken nicht davon lösen. (13:781-783). Er liebt sein Zuhause so, wie Eltern ihr spät geborenes einziges Kind lieben, und er kennt nichts als seine Frau, deren Körper er anbetet, ohne einen Gedanken daran, wer er ist und was er tun sollte. So wie der Geist eines großen Weisen sich vollkommen im Brahman vertieft, was zur Unterbrechung seiner weltlichen Handlungen führt, so ergibt sich ein Unwissender ganz seiner Frau und kümmert sich nicht um Nachteile, öffentliche Schande oder Verleumdungen. Er hält sich bei ihr in gutem Ansehen und tanzt nach ihrer Pfeife. So wie sich ein gieriger Mensch für Geld abplagt und dabei sogar seine Freunde und Verwandten verletzt, gibt er wenig um Nächstenliebe und vollbringt wenig gerechte Taten. Er betrügt seine anderen Familienangehörigen, gibt aber seiner Frau in Erfüllung aller ihrer Wünsche reichlich. Irgendwie schafft er es, am Gottesdienst seiner Familiengottheit teilzunehmen und seinen Guru zu täuschen. Er bringt bei seinen Eltern Entschuldigungen vor, es sei nicht genug Geld da, um es ihnen zu geben, aber er bringt seiner Frau verschiedene Dinge zum Vergnügen und die besten Sachen mit, die er findet. Er dient seiner Frau mit vorbehaltloser Hingabe, so wie ein liebevoll seiner Familiengottheit ergebener Anhänger. Er gibt seiner Frau die besten und kostbarsten Artikel, aber anderen Familienangehörigen gibt er noch nicht einmal genug zum Überleben. Wenn jemand seine Frau unanständig ansieht oder sich in ihrer Gegenwart unanständig benimmt, bricht für ihn die Welt zusammen. Er erfüllt ihr jeden Wunsch. Seine Frau ist Alles für ihn, und er liebt besonders die Kinder, die von ihr geboren wurden. Was sie auch immer an Dingen besitzt, sowie ihr Reichtum, ist ihm wertvoller als sein eigenes Leben. Solch eine Person ist die Wurzel der Unwissenheit, und diese wird durch ihn gestärkt. Er ist die personifizierte Unwissenheit. (13:788-804).

Ein Sklave von Freud und Leid. Er erreicht den Höhepunkt seines Glücks, wenn er das erreicht, was er mag, und er leidet, wenn er es nicht erhält. Wer sich wegen günstiger und ungünstiger Gegebenheiten sorgt - und sei er noch so intelligent - ist in Wirklichkeit eine unwissende Person. (13:805-806). Er ist Mir ergeben, aber diese Ergebenheit hat einen materiellen Hintergrund. Er trägt seine Ergebenheit zu mir zur Schau, hat sein Auge aber auf Vergnügen gerichtet. Wenn er diese nicht erhält, nachdem er Mir ergeben war, gibt er diese Ergebenheit auf und sagt, dass das Reden über Gott usw. alles Lüge sei. Wie ein unwissender Bauer schafft er sich verschiedene Gottheiten, und wenn er bei einer keinen Erfolg hat, wendet er sich der nächsten zu. Er wählt denjenigen Guru-Kultus aus, wo es großen Pomp und eine große Show gibt, erhält das Mantra von seinem Guru und hält andere Menschen für gewöhnlich. Er ist den Lebewesen gegenüber grausam, überschüttet steinerne Götterbilder jedoch mit Liebe. Aber seine Liebe ist nicht fest auf eine Stelle gerichtet. Er macht von Mir ein Götterbild und stellt es in eine Ecke seines Hauses, während er selbst auf zu Wallfahrtsorten anderer Gottheiten pilgert. Er verehrt seine Familiengottheiten und bei günstigen Gelegenheiten dient er auch anderen Gottheiten. Nachdem er Mich in seinem Haus untergebracht hat, legt er gegenüber anderen Gottheiten Gelübde ab. Am Shaddra-Tag gehört er den Vorvätern. Er betet am Nagpanchami-Tag Kobras an, so wie Mich am Ekadashi-Tag. Am Chatuthi-Tag wird er zum Anhänger von Ganapati, und am Chaturdashi-Tag betont er mit Nachdruck: "Oh, Mutter Durga, ich verehre nur dich alleine." Während des Navaratri unterlässt er die täglichen Rituale und die zufälligen und pflichgemäßen Handlungen, sondern liest das Navachandi, und am Sonntag bringt er der Gottheit Bahiroba ein Khichadi-Opfer. Am Montag eilt er dann zu Shivalinga, um Bel-Blätter zu opfern. Auf diese Weise gelingt es ihm, am Gottesdienst jeder Gottheit teilzunehmen. Ein solcher Anhänger dient ohne Pause allen Gottheiten, so wie eine Hure, die allen Einwohnern der Stadt ihre Gunst zeigt. Solch ein Anhänger, der zu jeder Gelegenheit zu verschiedenen Gottheiten eilt, ist die fleischgewordene Unwissenheit. (13:810-823).

Abneigung gegenüber ruhigen und heiligen Plätzen. Auch derjenige ist unwissend, der sich bei Ansicht von ruhigen Wäldern abgestoßen fühlt, die als Orte für Bußübungen und Wallfahrten gelten. Wer glücklich dabei ist, in der Stadt zu leben, sich in Menschenmengen aufzuhalten und zu tratschen, ist nichts als unwissend. (13:824-825).

Vorliebe für Magie statt heiligem Wissen. Eine solche Person, die nur Bücherwissen hat, lacht über die wahre Weisheit, die zur Selbst-Erkenntnis führt. Er liest die Upanishaden nicht. Er mag die Yoga-Lehre nicht, und sein Geist wendet sich nicht geistigen Wissenschaften zu. Indem er das Interesse aufgibt, das sein Verstand für Gedanken an die Seele entwickelte, wandert sein Geist umher wie störrisches Vieh. Er ist geschickt in rituellen Techniken. Er kennt die Puranas auswendig, und er ist solch ein gewiefter Astrologe, dass alles das passiert, was er vorhersagt. Er ist in Bildhauerei und Architektur bewandert und ein Meisterkoch. Und er kennt die Atharvaveda-Mantras (Magie, Verzauberung, Voodoo etc.). In der Liebeskunst gibt es für ihn nichts mehr zu lernen. Er gibt Unterricht über die Mahabharata, und Personen anderer Wissenszweige stehen aufmerksam vor ihm. Er ist in der Medizin bewandert wie kein anderer. Er diskutiert über die Smritis. Er kennt das Geheimnis der Schlangenbeschwörung und ist meisterlich im Vokabularium der Veden. Er ist ein Grammatik-Fachmann und in der Rechtswissenschaft ausgebildet. Was aber die Wissenschaft des Selbst angeht, ist er von angeborener Blindheit geschlagen. Er mag in allen Wissensgebieten als Authorität gelten, aber all das ist vergebens. Ignoriere diese Person.(13:826-835).

Alle Wissenschaftszweige außer der geistigen Wissenschaft sind bedeutungslos. Denke daran, Arjuna, dass eine Person, die nur Bücherwissen hat, ein Dummkopf ist, der das Selbst nicht erkannt hat. Sein Körper ist aus der Saat der Unwissenheit gewachsen, und sein Lernen ist eine Kriechpflanze, die aus dieser Unwissenheit hervorkommt. Was immer er von sich gibt und welchen gerechten Pfad er auch immer geht - es sind Früchte der Unwissenheit. Muss man noch erwähnen, dass derjenige, der nicht an die Weisheit des Selbst glaubt, auch dessen Bedeutung nicht erkannt hat? (13:839-843). Wie kann eine Person, die die Weisheit des Selbst nicht kennt, sich im Thema Seele zurechtfinden? Man braucht keine komplizierte Arithmetik anwenden, um darzulegen, dass solch eine Person die Prinzipien der Weisheit nicht versteht.(13:846-847).

Kehre der Unwissenheit den Rücken. Die Eigenschaften der Unwissenheit sind in den achtzehn Eigenschaften der Weisheit enthalten, die ich Dir vorhin erklärt habe. Die Eigenschaften der Weisheit werden - umgekehrt angewendet - die Eigenschaften der Unwissenheit. (13:849-851).

Arjuna, kehre den Eigenschaften der Unwissenheit, die ich dir gerade erklärt habe, den Rücken und treffe eine gute und feste Entscheidung zugunsten der Weisheit. Mit Hilfe dieser reinen Weisheit wirst du deren Gegenstand, nämlich das Brahman, erkennen. (13:862-863).

DER GEGENSTAND DER WEISHEIT.

Jetzt erzähle ich dir etwas über den Gegenstand der Weisheit. Das Objekt der Weisheit wird Brahman genannt, weil es durch nichts anderes als durch Weisheit erreicht werden kann, und nachdem es erreicht worden ist, bleibt für den Weisen nichts weiter zu tun, weil die Weisheit ihn mit sich vereinigt. Nach Erreichen des Brahman gibt der Suchende die weltlichen Angelegenheiten auf und bleibt in der Seligkeit des Brahman versunken. Dieser Gegenstand der Weisheit hat keinen Anfang und wird entsprechend das Höchste Brahman genannt. Wenn man seine Existent verneint, sieht man es in Form des Universums; und wenn man sagt, dass das Universum selbst das Höchste Brahman ist, dann ist es eine Illusion (maya), denn das Höchste Brahman hat weder Gestalt noch Farbe. Es ist unsichtbar und kann auch nicht sehen. Wie kann dann jemand behaupten, dass es existiert ? Und wenn seine Existenz abgestritten wird - woher kommen dann die Prinzipien wie mahat usw.? Die Sprache verstummt hier, denn man kann seine Existenz überhaupt nicht bestätigen oder abstreiten, und sogar der Gedanke darüber kann nicht weitergeführt werden. So wie man die Erde in Gestalt eines Topfes sieht, hat das Brahman die Gestalt des Universums angenommen und es ganz durchdrungen. (13:865-873).

Es füllt zu allen Zeiten alles aus und ist nicht von Raum und Zeit verschieden. Die eigentlichen Handlungen, die bei großen und kleinen Dingen passieren, liegen in seinen Händen. Deshalb wurde das Brahman auch Vishwa-Bah genannt, oder die Hände des Universums, weil es überall zu Handlungen anregt, immer und in jeder Hinsicht. Und es ist überall gleichzeitig anwesend; daher wird es Vishwataspat genannt, d.h. seine Füße überall habend. Wie die Sonne beobachtet es alle Gestalten mit seinem Licht; deshalb wurde es in den Veden ganz geschicktVishwachakshu genannt, oder die Augen des Universums, obwohl es keine Augen hat. Es schwebt immer und überall über Jedermanns Haupt; daher wird es Vishwamurdha oder der Verstand des Universums genannt. Das Feuer ist sein Mund, weil es alles durch das Feuer aufnimmt; die Veden haben das Brahman daher Vishwatomukh oder den Mund des Universums genannt. Seine Ohren verschlingen alle Laute, so wie der Raum alle Dinge umfasst, und deshalb nennen wir das Brahman "Etwas, das überall lauscht". Wegen dieses Alles-Durchdringens werden diese Umschreibungen gebraucht; denn wie kann man eigentlich von Händen, Füßen, Augen usw. bei etwas sprechen, das der Inbegriff des Leeren oder des Nichts ist? Wie kann es eigentlich im Brahman, das überall ist, die Begriffe Durchdringer und durchdrungen geben? Diese Unterscheidung musste aber gemacht werden, um zu erklären, was das Brahman ist. So wie man zur Bezeichnung von Null oder Nichts einen kleinen Punkt schreibt, hat man zur Erklärung des Monismus den Dualismus zu benutzen. Tut man dieses nicht, hören nämlich alle Gespräche zwischen Guru und Schüler auf. Aus diesem Grund hat es sich eingebürgert, die Sprache des Dualismus zur Erklärung des Nicht-Dualismus zu benutzen. (13:874-890).

WIE DAS BRAHMAN DIE DINGE DURCHDRINGT.

Jetzt höre zu, wie das Brahman die sichtbaren Dinge durchdringt. (13:891). Dieses Brahman erscheint in allen Dingen, sowie zum Beispiel das Wasser als flüssiges Prinzip im Wasser vorkommt. (13:895). Wegen der runden Form des Topfes erscheint der Himmel rund, oder weil ein Hut rechteckig ist, erscheint der Himmel auch rechteckig zu sein; aber der Himmel hat überhaupt keine Form, weder rund noch eckig. Ähnlich hat das Brahman keine Merkmale, obwohl es die Dinge durchdringt, die Merkmale besitzen. Dieses Brahman scheint wie der Geist und andere Organe oder wie die drei Merkmale zu sein, aber so wie Süße von Zucker nicht in der Form seiner Würfel liegt, sind Geist und Merkmale nicht das wahre Brahman. (13:898-901). Einfach ausgedrückt ist es anders als der Geist und die Merkmale. Die Beziehungen zwischen Namen und Form und die Unterschiede der Pflichten für die verschiedenen Kasten sind für die Form anwendbar und nicht für das Brahman. Das Brahman ist nicht dasselbe wie die Merkmale und es ist nicht mit Merkmalen verbunden, sondern die Illusion besteht, dass sie in ihm erscheinen. (13:904-907). Daher denkt der Unwissende, dass die Merkmale zum Brahman gehören. Das merkmallose Brahman enthält die Merkmale, ohne Beziehungen dazu zu haben, aber auch das ist nur eine Illusion und nicht real. Man sollte daher Merkmale nicht im Zusammenhang mir dem Brahman erwähnen. (13:910-912).

Dasselbe Brahman durchdringt alles. Obwohl das Brahman in allen sich bewegenden und ruhenden Gegenständen existiert, ist es dasselbe Wesen. Das was unzerstörbar ist und das gesamte Universum durchdringt, ist das zu erfahrende Wesen. Das was sowohl innerhalb als auch außerhalb des Körpers ist, sowohl nah als auch fern und einzig ohne Dualität, durchdringt alles vollkommen. (13:913-915). Diese Durchdringung ist eine unterbrechungslose einheitliche Erscheinung in allen vier Arten von Lebewesen, nämlich den aus dem Mutterleib geborenen, den Vögeln, den aus Schweiß entstehenden und den Pflanzen. Es ist auch der Grund für die Entstehung des Universums. (13:917-920). So wie die Wellen durch die See erhalten werden, wird das Universum vom Brahman erhalten. Für die Zeit der Entstehung des Universums nennen wir es Brahmadeo, für die Zeit der Erhaltung nennen wir es ganz richtig Vishnu, und für die Zeit der Auflösung des Universums nennen wir es Rudra. Und wenn alle diese drei Merkmale verschwinden, nennen wir es Cipher (Null). Und das was das Nichts an Raum verschluckt und die drei Merkmale zerstört, ist das große Cipher der Upanishaden.(13:921-926).

Brahman - das Grundprinzip in allen Prinzipien. Dieses Brahman ist das zündende Prinzip des Feuers, der Lebensnektar, den der Mond liefert und die Sehfähigkeit, mit der die Sonne die Geschäfte der Welt überblickt. Die Galaxien leuchten durch sein Licht, und durch seine Helligkeit wirft die Sonne leicht ihre Strahlen ins Universum. Es ist die Wurzel der Entstehung, das Wachsen im Wachsen, die intelligenz im Verstand und die Lebens-Energie im Leben. Es ist die geistige Kraft im Geist, das Sehen der Augen, das Hören der Ohren, die Sprachgewalt der Zunge, die Vitalität der Lebens-Kraft, der Fluss der Bewegung, die Handlungsfähigkeit in der Handlung. Es bewirkt Entstehung, Wachsen und Vergehen. Die fünf Prinzipien Erde, Wasser, Luft, Feuer und Himmel erhalten von ihm ihre Eigenschaften. Kurz, seinetwegen treten alle Dinge im Universum auf, und in Wirklichkeit ist alles das Brahman, so dass es keine Dualität gibt. Wenn dieses erst einmal erfahren wird, werden sowohl der Betrachter und das Objekt als auch das Mittel und das Ziel eins und der Unterschied zwischen der Weisheit, dem Objekt der Weisheit und dem Wissenden verschwinden. Man kann im Zusammenhang mit dem, was in den Herzen aller Menschen existiert, nicht von Dualität sprechen. (13:927-939)

Jetzt habe ich dir klar gemacht, was das Feld und was die Weisheit ist. Damit habe ich die Charakteristika der Unwissenheit diskutiert und zum Schluss habe ich dir mittels analytischer Argumentation erklärt, was Das-zu-kennende-Objekt ist. (13:940-943).

Der leichteste Weg, mich zu erreichen.  Arjuna, meine Anhänger kommen zu mir und wünschen mich zu erreichen, nachdem sie über all diese Dinge nachgedacht haben. Indem sie das Anhängen an ihrem Körper aufgegeben haben, konzentrieren sie ihren Geist und ihre Gefühle auf mich. Diese Anhänger tauschen, nachdem sie mich erkannt haben, ihr Ego gegen mich ein und werden so eins mit mir. Dieses ist der leichteste Weg, den ich vorgesehen habe, um mit mir eins zu sein. (13:944-947).

PURUSH (SEELE) UND PRAKRITI (NATUR)

Arjuna, wenn ich dir nur erzählt hätte, die Seele sei überall, so hättest du mir nicht geglaubt. In der Annahme, dass du schwer von Begriff bist, habe ich dir dasselbe Brahman in vier Teilen erklärt. Indem ich an deine Fähigkeiten zur Konzentration dachte, teilte ich das Brahmen in vier Teile auf, nämlich das Feld, die Weisheit, Das-zu-kennende-Objekt und die Unwissenheit. Falls du meine Erläuterungen immer noch nicht verstanden hast, erkläre ich dir dieselbe Sache auf andere Weise. Anstatt in vier werde ich es jetzt in nur zwei Teile, nämlich Seele und Nicht-Seele (purush und prakriti) teilen. Höre es dir an. (13:949-955).

Ich erzähle dir jetzt von den beiden Teilen prakriti und purush. Die Yogis nennen diesen Pfad "Sankhya".Um das zu erklären, wurde ich als Kapil wiedergeboren. Höre dir die Vor- und Nachteile dieses Weges an. (13:957- 959).

Purush und prakriti haben keinen Anfang, und beide hängen so zusammen wie Tag und Nacht oder wie ein Schatten und der ihn werfende Gegenstand. Was ich dir als Feld beschrieben habe, muss jetzt als prakriti verstanden werden, während der Kenner des Feldes dasselbe wie purush ist. Wenn auch die Namen verschieden sind, sind doch die Prinzipien, auf die sie sich beziehen, dieselben. (13:960-964). Purush ist die Kraft, und prakriti bewirkt, dass alle Handlungen stattfinden. Verstand, Organe, Geist usw., die für Gefühle, Leidenschaften und die drei Merkmale sattva, raja und tama verantwortlich sind, entstehen alle aus prakriti und sind der Grund für die Entstehung des Karma. (13:966-968).

Die Entstehung von Ego. Wünsche und Verstand schaffen zunächst das Ego in prakriti und bewirken, dass der Einzelne in Aktion tritt. Der Vorgang zum Erlangen eines gewünschten Gegenstandes wird Handlung genannt. Wenn der Wunsch stark wird, aktiviert er den Geist und bewirkt, dass er mittels der Organe seine Aufgaben erfüllt, und dieses wird als Wirkung von prakriti bezeichnet. Daher ist prakriti der Ursprung von Handlung, Grund und Wirkung. Wenn dieses Trio zusammenkommt, wird prakriti aktiv, aber die Natur ihrer Handlungen wird durch die drei Merkmale sattva, raja und tama beherrscht. Eine Handlung, bei der das Sattva-Merkmal vorherrscht, ist eine gute und gerechte Handlung. Was sich auf Grund des Raja-Merkmals ereignet, ist eine mittelmäßige oder gemischte Art von Handlung, und was sich wegen des Tama-Merkmals ereignet, ist eine verbotene und ungerechte Handlung. Die guten und schlechten Handlungen ereignen sich also wegen prakriti und geben jeweils Anlass zu Feuden und Leiden. Diese Freuden und Leiden werden von purush erfahren. So lange wie diese Freuden und Leiden als wirklich erscheinen, ist prakriti damit beschäftigt, sie zu schaffen und purush, sie zu erfahren. Das Geschäft dieses Paares prakriti und purush ist seltsam. Was immer die Ehefrau verdient, genießt der Ehemann, ohne sich selbst zu bemühen. Diese Paar kommt nicht zusammen, und trotzdem gebiert prakriti, die Ehefrau, dieses Universum. (13:969-980).

Der tatenlose purush und die merkmalbehaftete prakriti.  Der, welcher ohne Gestalt und Handlungen, ohne Merkmale, einzigartig und älter als der älteste Gegenstand ist, wird purush genannt. Nichts kann über sein Geschlecht - weiblich oder neutral - gesagt werden. Er hat keine Augen, Ohren, Hände, Füße, Gestalt, Farbe oder Namen. Er besitzt keine Organe. So ist der Ehemann der prakriti, der Leiden und Freuden erfahren muss. Obwohl er tatenlos, nicht-anhaftend (an den Körper) und nicht-hingegeben (an das Verlangen) ist, lässt ihn prakriti die Leiden und Freuden erfahren. Diese prakriti benutzt ihre Gestalt und Merkmale, um eine seltsames Drama zu erzeugen; und daher wird die prakriti gunamayi genannt, d.i. jemand, der Merkmale besitzt. Sie nimmt jeden Moment eine andere Gestalt an, und ihre Vitalität aktiviert sogar die passiven Dinge. Wegen ihr werden Namen zugewiesen, wird die Liebe empfunden und wegen ihr sind die Sinnesorgane in der Lage zu fühlen. Sie lässt sogar den Geist, obwohl dieser neutral ist, d.h. nichts erschafft, in den drei Welten umherwandern. Dieses sind ihre Fähigkeiten. (13:981-990).

Das Spiel der prakriti. Diese prakriti, die eine große Insel der Illusion ist und sich überallhin erstreckt, erweckt Gefühle. Leidenschaften werden mit ihrer Unterstützung gepflegt. Wegen ihr blüht der Irrglaube. Sie ist als die göttliche maya bekannt. (13:991-992).

Sie bewirkt, dass sich die Sprache entwickelt, erzeugt diese materielle Welt und unterwandert sie pausenlos mit einer materialistischen Lebensweise. Alle Künste und Fähigkeiten werden aus ihr geboren. Alle Melodien und Laute werden durch sie ausgeprägt. Sie ist der Ort der Wunder. In der Tat ist alles, was auf der Welt geschieht, ihr Werk. Die Schaffung der Welt und ihre Auflösung sind ihr Morgen und Abend. So ist sie ein wunderbare Illusionistin. (13:993-996).

Sie ist die Gefährtin des einsamen purush, der Begleiter des Nicht-Anhaftenden (Brahman), und sie bewohnt das Leere. Ihre Fähigkeiten sind so groß, dass sie den unkontrollierbaren purush unter Kontrolle hält. Der purush ist in Wirklichkeit nicht an irgendetwas gebunden, aber diese prakriti wird alles für ihn. Sie wird zur Schaffung des Selbst-Geborenen, der Gestalt des gestaltlosen purush und zu seiner eigentlichen Existenz und Grundlage. (13:997-1000).

Die Illusion der Merkmale.  So erzeugt prakriti durch ihre Stärke Leidenschaften im leidenschaftslosen purush, und sein Leuchten schwindet wie das des Mondes bei Neumond. (13:1005-1008). Hat sich der purush erst einmal der prakriti ergeben, vergeht sein Strahlen, und er muss die Wirkungen der Merkmale erfahren. Durch den Kontakt mit ihr muss er die Auswirkungen von Geburt und Tod erleiden. Wenn das Mondlicht in bewegtem Wasser reflektiert wird, sehen die Menschen viele Reflexionen und haben das Gefühl, es gäbe viele Monde. Ähnlich scheint der ungeborene purush durch die Beziehung zu den Merkmalen geboren zu werden, aber dieses ist nicht wahr. So wie ein sanyasi im Traum sieht, dass er in einer Shudra-Kaste geboren wird, hat der purush das Gefühl, er sei in einer niedrigen oder oberen Kaste geboren worden. Aber das stimmt nicht, und daher hat der purush nicht die Auswirkungen des Karmas zu erfahren. Das erscheint ihm nur so wegen der Beziehung zu den Merkmalen. (13:1014-1021).

Purush geht über Prakriti hinaus. Die prakriti wird vom purush unterstützt, aber zwischen beiden gibt es einen großen Unterschied. Dieser purush befindet sich am Ufer des Flusses, den prakriti darstellt, und obwohl man sein Spiegelbild im Fluss sieht, wird er nicht durch die Strömung fortgetragen. Prakriti wird geschaffen und vergeht, während purush ewig ist. Daher kontrolliert er alles, direkt von Brahmadeo an. Durch ihn existiert prakriti, und nur durch seine Kraft erschafft sie die Welt; daher ist er der Herr der prakriti. Die Welt, die seit einer endlosen Vergangenheit existiert, löst sich in ihm am Ende des Zeitalters auf. Er ist der Herr des großen Brahman, das die prakriti darstellt. Er beherrscht das gesamte Universum und umfasst es ganz mit seinem Ausmaß. In Wahrheit ist er die Oberste Seele, von der man sagt, dass sie im Körper wohnt. (13:1022-1029).

Wer versteht, dass dieser purush der einzige ist und alle Handlungen und Merkmale zur prakriti gehören, dass purush und prakriti wie Gestalt und Schatten oder wie Wasser und Spiegelbild sind, mag als jemand betrachtet werden, der den Unterschied zwischen purush und prakriti begriffen hat. Selbst wenn dieser Mensch Handlungen vornimmt, weil er einen Körper besitzt, wird er von ihnen nicht befleckt. Er fühlt während seines Lebens keine Zuneigung zu seinem Körper, und wenn er stirbt, wird er nicht wiedergeboren. Auf diese weltabgewandte Art und Weise wird das Verständnis für den Unterschied zwischen purush und prakriti für ihn vorteilhaft. Dieses Verstehen kann auf verschiedene Art und Weise in dir entstehen. Höre. (13:1030-1036).

DIE REINIGUNG DES EINZELNEN.

Einige reinigen das Gold der Seele (die durch Merkmale verunreinigt ist) im Feuer der Gedanken, indem sie es mit Schichten von Zuhören, Nachdenken und Danach-Sehnen überziehen und die Unsauberkeit der weltlichen Merkmale wegbrennen. Durch das Verbrennen der sechsunddreißig unsauberen Prinzipien trennen sie die reine Seele ab und sehen sie in sich selbst mit den Augen der Meditation. Einige meditieren mittels der Prinzipien der Sankhya-Philosophie oder durch die Philosophie der Handlung über sie und erlangen Vollkommenheit. (13:1037-1040).

So gehen die Menschen verschiedene Wege, um sicher aus dem Strudel von Leben und Tod herauszugelangen. Aber es gibt andere, die durch Ablegen des Stolzes den Glauben an die Worte ihres Gurus bewahren. Sie hören aufmerksam und respektvoll auf alles, was der Guru sagt und bieten ihm sich und ihren Besitz an. Der Guru kümmert sich darum, was gut und schlecht für sie ist, spürt ihre Leiden und lindert sie, und lässt sie sich durch sein Kümmern entspannt und glücklich fühlen. Sie lassen ihre Arbeit Arbeit sein, um seine Worte hören zu können und sind vorbereitet, für ihn ihr Leben zu opfern. Diese Leute überqueren schließlich den Ozean der Geburts-Todes-Zyklen. So gibt es in der Welt der Sterblichen viele Wege, die Höchste Seele zu erfahren. Ich werde dir das Beste der Philosophie dieser Methoden vorstellen. (13:1041-1050).


DIE WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN DEM FELD UND DEM KENNER DES FELDES.

Die gesamte Welt ensteht aus der Wechselwirkung zwischen dem "Feld" und dem "Kenner des Feldes", die ich dir beide schon erklärt habe. (13:1051-1052). Alle beweglichen und unbeweglichen Dinge und das Wesen, was wir "jiva" oder "Leben" nennen, entstehen aus der Vereinigung dieser beiden. Daher sind Stoffe oder Personen nicht von purush verschieden. (13:1055-1056).

Obwohl Stoff etwas anderes als ein Faden ist, ist er aus ihm hergestellt worden. Genauso sollte man durch Einsicht die Gleichheit von purush und der materiellen Welt, d.h. der prakriti erkennen. Du solltest erfahren, dass in der Tat alle Geschöpfe verschiedene Formen desselben Wesens sind und dass sie im Grunde genommen gleich sind. Sie haben verschiedene Namen, sie benehmen sich verschieden und ihr Aussehen ist verschieden; aber wenn du durch diese Überlegungen in deinem Geist die Vorstellung aufrecht hältst, dass sie alle unterschiedlich sind, wirst du selbst in einer Millionen Jahren nicht dem Geburts-Todes-Zyklus entkommen. Die einzelnen Menschen mögen eine krumme Figur haben - ihre Seele ist gerade. Auch wenn es Leben zuhauf gibt, ist die Seele in allen gleich. Die äußerliche Erscheinung der Einzelnen ist irreführend und vergänglich, aber die Seele in allen ist unzerstörbar. Daher ist derjenige, der versteht, dass die Seele nicht vom Individuum verschieden ist, jedoch nicht dessen Merkmale hat, ein Visionär unter den Weisen und der glücklichste Mensch. (13:1057-1068).

DER WEISE WIRD ZU LEBZEITEN BEFREIT.

Dieser Körper, der aus den fünf Prinzipien zusammengesetzt und voller Luft, Galle und Schleim ist, ähnelt einem schrecklichen Sack voll mit den drei Merkmalen und den Organen. Er ist offensichtlich ein Skorpion mit fünf Stachelschwänzen. Er brennt mit fünf Arten von Feuer, und in diesem Käfig des Körpers wird der Löwe, den das Individuum darstellt, gefangengehalten. Obwohl der Körper diese Eigenschaften hat, ist die Seele nicht zerstörbar. Arjuna, nur ein Weiser nimmt keinen Schaden, obwohl er im Körper steckt, und erreicht endlich den Brahman-Zustand. Um diesen Status zu erreichen, vermeiden Yogis kraft ihrer Yoga-Weisheit Millionen von Geburten und verlassen ihren Körper, indem sie entscheiden, dass sie nicht wiedergeboren werden wollen. Das Höchste Brahman, das jenseits von Name und Gestalt und im Bereich der Schwingungen ist, ist der endgültige Ruheplatz aller Bestimmungen, einschließlich der der Befreiung. Wer in sich keine Vorstellungen vom Unterschied zwischen den Individuen wegen äußerlicher Unterschiede ihrer Erscheinungen zulässt, erfährt den Segen des Brahman während er noch mit seinem Körper lebt. So wie aus verschiedenen Lampen Licht derselben Art abgestrahlt wird, durchdringt die Seele alles gleich von Anfang an. Arjuna, wer diesen Überblick über die Gleichheit hat, wird nicht in den Wirren der Geburts-Todes-Zyklen gefangen. Er ist sehr glücklich, und ich lobe ihn immer wieder, weil er alles mit den Augen der Gleichheit ansieht. (13:1069-1079).

Und er weiß genau, dass es die prakriti ist, die durch den Geist, den Verstand, die fünf Sinnesorgane und die fünf ausführenden Organe die Handlungen bewirkt. (13:1080). Diese prakriti führt mit Hilfe der drei Merkmale im Lichte der Seele verschiedene Arten von Handlungen durch, aber die Seele selbst bleibt ruhig und wird dadurch nicht betroffen. Wer für sich beschlossen hat, dass sich dieses so verhält, hat die Erhabene Seele erkannt. (13:1082-1083).

Auch sonst, Arjuna, wer die Einheit in den verschiedenen äußeren Formen der Lebewesen sieht - betrachte ihn als jemand, der das Brahman erreicht hat. (13:1084). Wenn jemand im Geiste sicher ist, dass alle Lebewesen von derselben Seele erzeugt werden, kann man von ihm sagen, dass er das Boot gefunden hat, das der Reichtum des Brahman ist (d.h. zum Überqueren des Ozeans der Geburts- und Todes-Zyklen). Wohin er seinen Blick schweifen lässt, sieht er alles vom Brahman erfüllt. Er erreicht die ewige Seligkeit. Daher solltest du den Zusammenhang von prakriti und purush durch Erfahrung vollständig kennen. Der Nutzen, den du dadurch hast, ist wie die Gelegenheit, mit Nektar zu gurgeln. (13:1087-1090). Jetzt erzähle ich dir noch etwas über ein oder zwei weitere bedeutende Ideen. (13:1092).

DIE SEELE LEBT ALS EINE PROJEKTION IM KÖRPER.

Was als Höchste Seele bekannt ist, bleibt immer in ihrem reinen Zustand, auch wenn sie im Körper wohnt. (13:1094). In Wirklichkeit ist es nicht korrekt zu sagen, dass die Seele im Körper wohnt. Wenn man sagt, die Seele ist im Körper so ist das genauso, als wenn man sein Gesicht im Spiegel sieht und sagt, das sei das Gesicht. Es ist vollkommen sinnlos, die Seele mit dem Körper in Verbindung zu bringen. (13:1096-1098). Der Körper ist im Netz der fünf Prinzipien gefangen und und dreht sich mit dem Rad von Geburt und Tod. Der Körper ist wie ein Butterklumpen im Mund des Zeiten-Feuers. Er lebt während der Zeitspanne, des Flügelschlags einer Fliege. Fällt er ins Feuer, wird er zu Asche, und fällt er einem Hund zur Beute, wird Hundekot aus ihm. Entgeht er diesen Schicksalen, machen sich Würmer in ihm breit. Der Körper endet also recht ekelhaft. Obwohl dieses das Schicksal des Körpers ist, ist die Seele ewig, selbst-erhellend, selbst-genügend und anfangslos. (13:1103-1107).

Weil sie ohne Merkmale ist, kann man nicht sagen, dass sie bestimmte Abschnitte und Eigenschaften hat oder nicht. Sie ist weder tätig noch untätig, weder dick noch dünn, weder sichtbar noch unsichtbar, weder hell noch dunkel, weder weniger noch mehr. Weil sie ein Nichts ist, ist sie weder voll noch leer. Sie ist keinesfalls alleine, aber auch nicht mit irgendetwas zusammen. Sie ist weder formlos, noch hat sie Gestalt. Weil sie das Selbst ist, hat sie weder Segen noch Sorgen. Sie ist weder eine noch mehrere. Sie ist weder frei noch gebunden. Sie ist ohne Eigenschaften; sie ist weder dieses noch das, weder vorbereitet noch zubereitet, weder sprachbegabt noch stumm. Sie wird nicht mit dem Universum zusammen geboren und wird auch nicht mit ihm zusammen zerstört. Sie ist der Ort, in dem sich Seiendes und Nicht-Seiendes auflösen. Sie ist ausdehnungslos; daher kann man sie nicht messen oder beschreiben. Sie wächst weder, noch nimmt sie ab, schwindet oder erschlafft. Das ist die Natur der Seele. Sie ist vollkommen und sie nimmt daher weder die Gestalt des Körpers an noch lehnt sie ihn ab sondern bleibt was sie war. So wie am Himmel Tage und Nächte auftreten, werden Körper von der Seele in Besitz genommen und wieder verlassen. Sie macht im Körper nichts, weder veranlasst sie, dass etwas geschieht, noch ist sie an irgendeiner körperlichen Aktivität beteiligt. Nichts geschieht mit ihr. Sie ist nicht betroffen, obwohl sie im Körper ist. Obwohl die Seele in allen Körpern ist, wird sie nicht durch die körperlichen Eigenschaften befleckt. Ich fordere dich immer wieder auf, an diese Eigenschaften der Seele zu denken, dass nämlich der Kenner des Feldes vom Feld zu unterscheiden ist. (13:1108-1119, 1121-1122).

Ein Magnet bewegt durch seine Nähe ein Stück Eisen, aber Eisen ist nicht dasselbe wie ein Magnet. Dasselbe Prinzip ist auf das Verhältnis von Seele und Körper anwendbar. Im Holz ist das Feuer latent vorhanden, aber Holz ist nicht Feuer, und die Seele muss in dieser Weise gesehen werden. So wie die Sonne alleine am Himmel die ganze Welt erleuchtet, erleuchtet die Seele gleichermaßen alle lebenden Körper. (13:1123-1128)

Derjenige Verstand, der den Unterschied zwischen dem Feld und dem Kenner des Feldes erfasst, hat die richtige Sicht der Dinge. Nur er kann das Wesentliche der Bedeutung dieser Worte verinnerlichen. Um den Unterschied zwischen dem Feld und dem Kenner des Feldes zu verstehen, suchen die verständigen Leute die Aufenthaltsorte der Weisen auf. Alleine aus diesem Grund erlangen die Nachdenklichen schon den wertvollen inneren Frieden und studieren die shastras. Wegen dieser Weisheit praktizieren die Menschen mit großen Erwartungen Yoga. Einige Leute dienen respektvoll den Heiligen, indem sie den Körper und andere weltliche Dinge unbedeutend erachten. Indem sie verschiedenen Wegen der Weisheit folgen, entledigen sich also die Menschen ihrer Sorgen. Ich achte Meine Weisheit geringer als die Weisheit derjenigen, die den Unterschied zwischen dem Feld und dem Kenner des Feldes verstehen. (13:1129-1135)

Letztere kennen die wahre Natur von prakriti oder maya, die überall in verschiedenen Erscheinungsformen - wie in den fünf Prinzipien - verteilt ist. (13:1136). Wer im Herzen überzeugt ist, dass prakriti von purush verschieden ist, hat das Brahman erreicht. (13:1140). Das Brahman ist umfassender als der Himmel, es ist die äußere Grenze von prakriti, und bei seinem Erreichen vergehen die Gefühle von Gleichheit und Verschiedenheit. Die Gestalt, das Gefühl zu leben, und die Dualität verschwinden in Ihm, und es bleibt als das alleinige Oberste Prinzip. Dieses Oberste Prinzip wird von denjenigen erreicht, die verstehen, dass purush und prakriti verschieden sind." (13:1140- 1143).

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Essen, Mai 2000.
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