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DNYANESHWARI


KAPITEL 18 (2. Teil)
 

ERLÖSUNG DURCH ENTSAGUNG




[Letzte Sätze in Kapitel 18 (1. Teil):

Damit habe ich dir von den drei Arten des Wissens und von ihren Eigenschaften erzählt. Der Handelnde handelt im Lichte dieser drei Arten von Wissen. Dieselbe Handlung kann nun wegen dieser verschiedenen Arten von Wissen von dreierlei Art sein. Jetzt höre zunächst die Eigenschaften der Sattva-Handlungen." (18:582-585). ]


Sattva-Handlungen   "So wie eine treue Ehefrau ihren Mann unaufgefordert umarmt, ist die einem wegen einer moralischen Haltung zufallende Handlung, die diese Haltung bei regelmäßiger Durchführung ziert, die richtige alltägliche Handlung. Falls sich zu ihr die zufällige Handlung gesellt, ist diese Kombination so gut wie auf Goldschmuck getupftes Parfüm. Man sollte Handlungen mit ganzem Herzen und Geist durchführen und sie Gott weihen, ohne den Wunsch nach ihren Früchten zu haben und ohne bei gutem Gelingen glücklich zu sein - oder unglücklich, wenn es nicht klappt. Auf diese korrekte Weise durchgeführte Handlungen können Sattva-Handlungen genannt werden. (18:586-594).

Raja-Handlungen   Jetzt erzähle ich dir von den Raja-Handlungen. Wer Raja-Handlungen durchführt, spricht nicht richtig mit seinen Eltern sondern respektiert statt dessen wie ein Idiot jeden anderen auf dieser Welt. (18:595). Er kommt nicht aus seinem Sessel, um die wesentlichen Aufgaben und zufälligen Pflichten zu erledigen; wenn es jedoch um genussbringende und lustvolle Handlungen geht, scheut er keine Anstrengungen. (18:597-598). Solch ein Raja-Handelnder müht sich ab, indem er die zukünftigen Ergebnisse seiner Arbeit im Auge hat, merkt aber bald, dass er sich nicht genug bemüht hat. Mit dem Wunsch nach Erfolg im Geiste führt er viele Handlungen vorschriftsmäßig und systematisch durch, und nach ihrer Vollendung verkündet er der Welt davon und verteilt Geschenke, um seinen Ruf als religiöser Mensch zu festigen. Dann ist sein Geist mit soviel Ego erfüllt, dass er aufhört, seine Eltern zu respektieren. Bei allen Handlungen, die er egoistisch und in Erwartung einer Belohnung durchführt, scheut er keine Mühe. (18:601-606). Diese Leute lieben die Mühen. Sie geben sich ihnen in Erwartung der Freuden im Himmel hin. Eine Handlung, die also mühevoll ist und mit dem Wunsch nach Belohnung durchgeführt wird, ist eine Raja-Handlung. (18:608-610).

Tama-Handlungen   Jetzt höre dir die Eigenschaften von Tama-Handlungen an. Das dunkle Verlies der Verleumdung und der erfolgreiche Höhepunkt verbotener Taten und Sünden ist eine Tama-Handlung. (18:611) So wie das Ziehen einer Linie auf dem Wasser keine Spur hinterlässt, kann man die Ergebnisse einer solchen Handlung nicht sehen, und die Handlung ist vergebens. (18:612,615). Die Handlung, bei der man den wertvollen menschlichen Körper plagt und Reichtum verschwendet, zerstört das Glück der Welt. (18:616). Eine Tama-Handlung zerstört nicht nur alles, was dem Handelnden gehört und verletzt seinen Körper, sondern verletzt auch andere. (18:619). Der Tama-Handelnde vollführt Taten, ohne seine Fähigkeiten zu kennen. Wenn er die Handlung durchführt, geht er ans Werk, ohne sich über seine eigenen Fähigkeiten, die Gunst der Gelegenheit oder die Erfolgsaussichten zu kümmern. (18:621-623). Er geht vor, ohne an die Vergangenheit und die Zukunft zu denken und ohne zwischen richtigen und falschen Wegen zu unterscheiden, und unterscheidet nicht zwischen geeignet und ungeeignet oder ob eine bestimmte Sache ihm gehört oder anderen.

Jetzt habe ich dir erklärt, wie die Handlungen wegen der Unterschiede der drei Merkmale auf drei verschiedene Weisen ausfallen können. (18:625-627).

Wegen der drei Arten von Handlungen gibt es für den Handelnden selbst ebenfalls drei Arten. Ich werde dir jetzt den Sattva-Handelnden zuerst beschreiben.(18:628-630).

Der Sattva-Handelnde.   Ein Sattva-Handelnder führt seine routinemäßigen und gelegentlichen Handlungen durch, die man aber nicht als fruchtlos bezeichnen sollte. Diese Handlungen sind nie unnütz, Arjuna (die Handlungen sind selbst Früchte; wie kann eine Frucht selbst Früchte erzeugen?). Er führt viele Handlungen gewissenhaft durch, empfindet sich aber nicht als der Handelnde. Um Handlungen zur Ehre Gottes zu vollbringen wählt er einen geeigneten Zeitpunkt und Ort aus und entscheidet mit Hilfe der shastras, welche Handlungen durchgeführt werden sollten. Indem er seine Organe und seine Neigungen verbindet, schafft er sich einem Satz von Verhaltendvorschriften, wobei er seinen Geist nicht in Richtung Erfolg abschweifen lässt. Während seines ganzen Lebens achtet er darauf, eine perfekte Kontrolle über die Organe zu entwickeln. Er wird bei seinen Pflichten nur von der Liebe zur Selbst-Erkenntnis getrieben und kümmert sich nicht um körperliches Glück. Er schläft während dieser Pflichten wenig und empfindet keinen Hunger, und sein Körper hat sich von den Sinnesfreuden gelöst. Seine Begeisterung für die Pflichterfüllung wächst. Wegen der ihm innewohnenden Vorliebe für das Selbst betrachtet er sogar sein eigenes Leben als unwichtig. Wird derjenige, der in die Seele verliebt ist, traurig sein, wenn sein Körper hart arbeiten muss? In dem Maße, wie der Wunsch nach Sinnesfreuden verschwindet und die physischen Belange schwinden, verdoppelt sich seine Freude bei der Erfüllung von Pflichten. Wenn er während der Erfüllung seiner Pflichten unterbrochen wird, ist er deswegen nicht traurig, noch empfindet er es als Sieg, wenn er seine Pflicht erfolgreich erfüllt hat. Derjenige, in dem solche Eigenschaften gefunden werden, sollte in der Tat ein Sattva-Handelnder genannt werden. (18:632-648).

Der Raja-Handelnde.   Das Anzeichen, an dem ein Raja-Handelnder erkannt werden kann, ist, dass er voller weltlicher Begierden ist. (18:649). Er ist der Sammelplatz aller Wünsche und Fehler in dieser Welt. Er beginnt eine Handlung, die leicht zum Erfolg führt und er wird noch nicht einmal eine paisa von irgendwelchen erreichten Gewinnen übriglassen, für die er sogar sein Leben opfern würde. Er ist sofort bereit, sich anderer Leute Besitz anzueignen, während er seinen eigenen bewacht. (18:651-654). Er gebraucht alle seine Fähigkeiten, um anderen Schwierigkeiten zu machen, und er arbeitet für seine eigenen Ziele, ohne sich um das Wohlergehen anderer zu kümmern. Er lässt in seinem Geist kein Gefühl des Abneigung gegen irgendwelche Handlungen aufkommen, selbst wenn er keine Fähigkeit für ihre Durchführung hat. Er kann sich nicht an Traditionen halten. Falls ihm irgendetwas gelingt, verspottet er auf einer Woge von Glück die Welt, und wenn er erfolglos ist, prangert er sie schmerzerfüllt an. Wer so handelt, ist ein Raja-Handelnder. (18:655-661).

Der Tama-Handelnde.   Jetzt erzähle ich dir vom Tama-Handelnden, der gleichsam eine Fundgrube übler Taten ist. (18:662). So wie starkes Gift seine eigene Zerstörungskraft nicht kennt, ist er geneigt, üble Taten zu vollbringen, die andere vernichten können, und ist sich seines Handelns nicht bewusst. Es gibt keine Beziehung zwischen seinen Handlungen und seinen Absichten. Solch ein Tama-Handelnder übertrifft sogar einen Irren. Er lebt, indem er die Freuden der Organe genießt. Sein Benehmen ist zügellos, und weil er von der Natur beherrscht wird, weiß er nicht, was falsch und richtig ist. Er bläst sich auf in Zufriedenheit über seine üblen Taten. Aus Stolz verbeugt er sich noch nicht einmal vor Gott. Er täuscht die anderen immer über seinem Genuss der Sinnesfreuden. Sein Verhalten ist verstohlen, und seine Blicke ähneln denen einer Hure, die andere bestehlen will. Mit anderen Worten, sein ganzer Körper besteht aus Falschheit, und sein Leben ist eine Spielhölle. Sein Leben sollte als der Unterschlupf eines selbstsüchtigen Räubers angesehen werden. Daher sollte sich niemand mit ihm einlassen. Er wird wütend, wenn er die guten Taten anderer sieht. (18:664-675). Durch seine Beteiligung werden gute Taten anderer zu schlechten Taten. Er betrachtet gute Eigenschaften anderer als schlechte Eigenschaften, und er verwandelt Nektar in Gift. Wenn er eine gute Tat vollbringen kann, die das weltlichen Leben zu einem guten Ergebnis bringen würde und zu einer besseren Lage im nächsten Leben führt, kann man sicher sein, dass er diese Gelegenheit verschläft. Aber wenn es darum geht, Übles zu vollbringen, ist er sofort hellwach. (18:677-681). Wenn es an der Zeit ist, Nützliches zu vollbringen, fühlt er sich träge; andererseits hat er seine Trägheit im Griff, wenn Übles zu vollbringen ist. Er brennt vor Eifersucht über das Weiterkommen anderer Leute. Während seines ganzen Lebens bleibt er eifersüchtig. Er beginnt mit mühevollem Unterfangen zur Erfüllung von Wünschen, die ihn Äonen beschäftigen werden. Er kümmert sich um Dinge, die über diese Welt hinausgehen, ist aber unfähig, einen Grashalm zu ernten. Solch eine Person, die nun wirklich eine Anhäufung von Sünden ist, kann als ein Tama-Handelnder bezeichnet werden.

Damit habe ich dir jetzt die drei Arten von Handlungen, Handelnden und Wissen erklärt. (18:683-689).

DREI ARTEN VON VERSTAND

Der Verstand, von Illusionen zugedeckt und von Zweifeln geplagt, bewegt sich in den Gefilden falschen Wissens und ist der Spiegel, durch den sich ein Individuum sieht. Auch er kommt in drei Arten vor. Arjuna, gibt es etwas in dieser Welt, das nicht durch die drei Merkmale in drei Arten eingeteilt worden ist? Was gibt es in dieser sichtbaren Welt, das nicht in dreierlei Arten vorkommt? Daher kommt auch der Verstand, durch die drei Merkmale bedingt, in drei Arten vor. Die innere Kraft ist ähnlich eingeteilt. Von diesen beiden werde ich dir jetzt die drei Arten des Verstandes zuerst erklären. (18:690-695).

Höhere, mittlere und untere Wege.   Für jedes Geschöpf das auf dieser Welt wiedergeboren wird, gibt es drei Arten von Weg, die es einschlagen kann, den höheren, mittleren oder unteren Weg. Diese drei Wege sind auch bekannt als: vorgeschriebene Handlungen vornehmen, erfolgsorientiert handeln und drittens der Weg der verbotenen Handlungen. Wegen der Letzteren entwickeln die Geschöpfe Angst vor dieser Welt.

Der höhere Weg.   Die Durchführung der normalen Handlungen gemäß seinen Rechten und Pflichten ist der höhere Weg. Diese sollten mit Blick auf das Erreichen der Selbst-Erkenntnis durchgeführt werden. Tut man das, befreit einen das Durchführen der normalen Handlungen von der Furcht vor dieser Welt und führt einen gleichzeitig auf den Pfad der Befreiung vom Reinkanationszyklus. Der Verstand, der das Verhalten des Einzelnen im Vertrauen auf die vorgeschriebenen normalen Handlungen bestimmt, sichert die Befreiung. Warum sollte man daher nicht seine Entsagung auf die Grundlage der Neigung, zu handeln und sich zu Handlungen zu verpflichten, richten? (18:696-704).

Sattva-Verstand.   Die Durchführung der vorgeschriebenen normalen Handlungen führt wirklich zur Befreiung. Der Verstand, der den vorgeschriebenen normalen Handlungen geneigt ist und der weiß, welche Handlungen falsch sind, der Verstand, der sich nicht den erfolgsorientierten, Weltangst bewirkenden Handlungen oder den verbotenen, einen in die Geburts-Todes-Zyklen verwickelnden (18:707-710), Handlungen zuwendet, der Verstand, der wirklich vor verbotenen Handlungen zurückschreckt, der Verstand, der weiß, dass einen verbotene Handlungen an die Geburts-Todes-Zyklen binden und aus Furcht davon Abstand hält, der Verstand, der nach sorgfältiger Abwägung von Handeln und Nicht-Handeln im Lichte der Neigung zur Handlung und zur Entsagung weiß, welche Handlung richtig oder falsch ist, ist der Sattva-Verstand. (18:713-717).

Der Raja-Verstand.    Der Verstand, der handelt, ohne zu wissen, was gemäß der dharma-Vorschrift eine gute oder eine schlechte Tat gegen das dharma ist (18:720), wobei er die letzteren nur mit Glück vermeidet, der Verstand, der diese beiden Sorten von Taten für gleich ansieht, der Verstand, der nicht zwischen guten und schlechten Taten unterscheiden kann, ist ein Raja-Verstand. (18:722-723).

Der Tama-Verstand    Der Verstand, der alle religiösen Handlungen als sündig und wirkliche Dinge als falsch ansieht, der die Aussagen der shastras ins Gegenteil umkehrt und gute Eigenschaften als schlechte ansieht, der mit den Veden konforme Angelegenheiten als pervers betrachtet, dieser Verstand sollte Tama-Verstand genannt werden. Wie kann ein solcher Verstand, der dunkel wie die Nacht ist, für religiöse Handlungen geeignet sein? (18:726-729).

DREI ARTEN INNERER STÄRKE

Damit habe ich dir die Einteilung des Verstandes in drei Arten erklärt. Wenn nun der Verstand für die Durchführung einer Handlung entscheidet, gibt es bei der ihn dabei helfenden inneren Stärke wieder drei Arten. Ich berichte dir nun auch über die drei Arten innerer Stärke. (18:730-732).

Durch Sattva bestimmte Innere Stärke.    Sobald die durch Sattva bestimmte innere Stärke zum Tragen kommt, hören die Tätigkeiten des Geistes, der Lebenskraft und der Organe auf. Dann wird die Verbindung zwischen den zehn Organen und den Sinnesobjekten unterbrochen, und die Organe kommen in den Bereich des Geistes (d.h. sie wenden sich dem Geist anstatt den Sinnesobjekten zu). Weil sowohl die oberen als auch die unteren Wege der Lebenskraft blockiert sind, kombiniert sie ihre neun Verhaltensformen und geht zum sushumna nadi. Weil der Geist vom Willen und von Zweifeln befreit ist, ist er sichtbar, und der Verstand ruht ruhig in ihm. So ist die einzigartige innere Stärke, die durch Anhalten der Aktivitäten von Geist, Lebenskraft und Organen diese in die Enge der Meditation einsperrt, ohne von ihnen angelockt zu werden, die von Sattva bestimmte innere Stärke. (18:737-744).

Durch Raja bestimmte innere Stärke.   Der Einzelne, der mit seinen Körper in die weltlichen und himmlischen Angelegenheiten verstrickt ist, indem er recht lebt, verdient und ein Familienleben führt, erreicht seine Ziele durch die von raja bestimmte innere Stärke. Diese innere Stärke, bei der er sicherstellt, den vierfachen Gewinn für unternommene Anstrengungen zu erhalten, wird von raja bestimmte innere Stärke bezeichnet.(18:745-748).

Durch Tama bestimmte innere Stärke.    Jetzt erzähle ich dir von den typischen Eigenschaften der von tama bestimmten inneren Stärke. Diese innere Stärke besteht aus allen niedrigen Qualitäten. Warum sollte sie eigentlich eine Qualität genannt werden, wenn sie niedrig und minderwertig ist? Im Falle der von tama bestimmten inneren Stärke hat man das so bezeichnet, ohne darüber nachzudenken. Sie steckt voller Trägheit, und so wie das Unglück nicht die Unterstützung der Sünde aufgibt, verlässt der Schlaf nie den betroffenen Menschen. Weil der Betroffene seinen Körper und seinen Reichtum liebt, hat er immer Angst. So wie die Sünde einer undankbaren Person nicht gemildert wird, grämt er sich dauernd wegen seiner Freundschaft mit Allem und Jedem. Weil er sich so an die Unzufriedenheit gehängt hat, wird der Kummer sein Freund. Die Unzufriedenheit verlässt ihn bis zu seinem Tode nicht. Und weil er immer mehr von Jugend, Reichtum und Lust angezogen wird, wird er auch überheblich. Er wird immer von Angst, dem Feind aller Welt, heimgesucht. So wie der Tod den Körper nicht vergisst, steckt die Überheblichkeit dauernd in einer Tama-Person. Die innere Stärke, die die fünf Fehler, wie Schlaf usw. umklammert, sollte als vom tama bestimmte innere Stärke angesehen werden. (18:749-762).

Der Verstand entscheidet über drei Arten von Handlungen, und drei Arten innerer Stärke führen die Handlungen durch. Selbst wenn man morgens den Weg klar vor sich sieht, hat jeder den Weg mit seinen eigenen Füßen zu gehen, und dabei ist innere Stärke, also geistige Entschlossenheit, nötig. Damit habe ich dir von den drei Arten innerer Stärke und den drei Arten von Handlungen berichtet, die durch erstere vollendet werden. Den durch Handlungen erreichten Erfolg nennt man Glück, das je nach Art der Handlung auch in drei Arten auftritt. Ich werde dir erzählen, wie dieses Glück in Gestalt des Erfolges Kraft der drei Merkmale eine der drei Arten annimmt. (18:763-768).

DREI ARTEN VON GLÜCK

Wenn man etwas Glück gehabt hat und das Glück durch Weitermachen wächst, bis der Kummer über die körperliche Existenz verschwindet, ist dieses Glück eine Seligkeit des Selbst. Diese Wonnen treten auch in drei Arten auf. Ich erzähle dir die Eigenschaften von jeder von ihnen.(18:776-777).

Sattva-Wonnen.   Um diese Glückseligkeit des Selbst zu erhalten, muss man die Schmerzen der Beachtung der Selbstbeherrschung, Regeln usw. ertragen, und zwar von Anfang an. Wenn sich das starke Sich-Lösen entwickelt, das alle die Vorlieben und Abneigungen verschluckt, beseitigt es das Haften an (die Liebe für) Himmel und Welt. Die Schwäche des Verstandes wird bei Annahme totaler Ermessensfreiheit einerseits oder durch Beachten strenger Askese andererseits stark verstümmelt. Der Schwall der vitalen Atemarten prana und aprana muss durch die sushumna nadi geschluckt werden, und diese Anstrengungen müssen gleich bei Beginn durchgeführt werden. (18:781-784). Die Organe leiden und haben beim Verlassen der Sinnesobjekte das Empfinden des Weltuntergangs, und beim Sich-Lösen sind diese Schmerzen mit Mut zu begegnen. Durch das Leiden zu Beginn erreichen die Betroffenen den höchsten Segen. (18:787-788). Nachdem das Sich-Lösen durch die Weisheit des Selbst gereift ist, verschwinden alle von der Unwissenheit stammenden Sorgen, das Sich-Lösen eingeschlossen. Der Verstand wird eins mit der Seele, und der Schatz der Nicht-Dualität öffnet sich ihm automatisch. Auf diese Weise kann die auf dem Sich-Lösen beruhende und im Frieden der Selbst-Erkenntnis endende Glückseligkeit eine Sattva-Wonne genannt werden.(18:791-793).

Raja-Wonnen.   Wenn die Organe auf Sinnesobjekte treffen, fließt die Raja-Seligkeit über. (18:794). Dieses Glück, das die Einzelnen mästet, gleicht der Gesellschaft eines Betrügers oder das Verhalten einer Hure, das anfangs angenehm erscheint, aber am Ende schädlich ist. Es braucht schnell den Vorrat an Glück auf, zerstört das Leben und nagt an der Summe der Verdienste. Alle diese ehemals genossenen Sinnesfreuden gleichen einem Traum und hinterlassen nur Leiden. So endet in diesem Leben dieses Glück in einer Katastrophe und es vergiftet auch das nächste Leben. Wer seine Sinnesfreuden durch Aufgabe des rechten Lebensweges und durch Feiern von Sinnesorgien verhätschelt, stärkt seine Sünden, die ihn zur Hölle führen. Die weltlichen Genüsse führen so zum Untergang im nächsten Leben. Weltliches Glück, das anfangs süß ist, führt zu einem bitteren Ende und ist Raja-Glück. Lasse dich von ihm noch nicht einmal berühren. (18:797-805).

Tama-Glück.    Jenes Glück, das erlangt wird durch Essen und Trinken von Ungenießbarem, durch Begleitung einer Frau mit lockerer Moral, durch den Ruin anderer, durch den Raub anderer Leute Hab und Gut, durch Anhören von Lobgesängen anderer auf einen selbst, jenes Glück, das durch Trägheit oder im Schlaf weitergegeben wird und bei dessen Anfang und Ende man wegen Täuschung keinen Weg zum Weiterkommen sieht, kann als Tama-Glück angesehen werden. Ich gehe nicht weiter in Details, weil es unmöglich ist. Damit habe ich dir erklärt, wie das sich ergebende Glück durch die Einteilung der Handlungen auch in drei Arten auftritt. (18:806-810).

Den Merkmalen kann man nicht entrinnen.   Außer dem Handelnden, der Tat und deren Ergebnis gibt es nichts auf dieser Welt. Die drei Merkmale sind in dieses Trio eingewoben. Denke also daran, dass es auf dieser Erde und im Himmel keine Sache gibt, die nicht durch die Merkmale der Natur bestimmt werden. (18:811-813). Kein Geschöpf kann der Vereinbarung zwischen den Merkmalen in dieser Welt entkommen. Daher sind alle Dinge dieser Welt aus diesen drei Merkmalen gebildet. Es waren diese Merkmale, die einen Gott in drei (Brahma, Vishnu und Mahesh) umwandelten. Wegen dieser drei Merkmale wurden die drei Welten (Himmel, Erde und Unterwelt) und die vier Kasten und die Verschiedenheit derer Pflichten geschaffen. (18:815-817)

DIE PFLICHTEN DER VIER KASTEN

Die vier Kasten.   An der Spitze der vier Kasten stehen die Brahmanen. Die nächsten zwei, die kshatriyas und die vaishyas sind auf demselben Niveau wie die Brahmanen, weil sie berechtigt sind, vedische Riten durchzuführen. Die vierte Kaste, die shudras dürfen sich nicht mit den Veden beschäftigen; daher hängt ihr Wohlergehen von den ersten drei Kasten ab. Weil diese Gemeinschaft in engen Kontakt mit den drei Kasten der Brahmanen usw. kommt, wurde sie als vierte Kaste gezählt. Wegen ihrer Kontakte mit den Wiedergeborenen werden die shudras auch von den shrutis in das Kastensystem eingegliedert. Das Kastensystem teilt die Menschen also in vier Arten ein. Ich werde dir erzählen, welche Pflichten die vier Kasten haben und welcher Natur diese Pflichten sind. Angehörige der vier Kasten entkommen durch Beachten dieser Pflichten den Klauen der Wiedergeburt und erreichen Gott. Diese Pflichten sind den vier Kasten gemäß der drei Merkmale der Natur zugewiesen. (18:818-825).

Merkmale und Kasten.   In diesem System ist das Sattva-Merkmal gleicherweise in die Brahmanen und die kshatryas gelangt. Das Raja-Merkmal ist vermischt mit dem Sattva-Merkmal in die vaishyas gelangt, während das Tama-Merkmal, vermischt mit dem Raja-Merkmal, in die shudras gelangte. Die Menschheit, die im Grunde einheitlich ist, wurden also durch die drei Merkmale in vier Arten eingeteilt. Die shastras klären die Pflichten, die wegen der Merkmale aufgeteilt wurden. Höre nun zu, welche Pflichten welcher Kaste gemäß sind. (18:828-832).

Die neun Eigenschaften eines Brahmanen.   In der Stille begegnet der Verstand durch Kontrolle der körperlichen Neigungen und Wünsche dem Selbst, so wie eine Ehefrau ihren Mann in den Privatgemächern umarmt. Diese friedliche Haltung des Verstandes wird shama oder Gelassenheit genannt, und aus ihr heraus entstehen alle für Brahmanen passende Handlungen. Was die Bewegungsorgane zurückhält, indem man ihnen die eigene Angst vor den geschriebenen Regeln zeigt und sie so davon abhält, sich dem Unrecht zuzuwenden, wird dama oder Zurückhaltung genannt; sie ist eine Helferin von shama. Sie ist die zweite Eigenschaft der Handlungen. Dauerndes Denken an Gott wird tapas oder Askese genannt und ist die dritte Handlungseigenschaft. Diese Art zu handeln umfasst zwei Arten von Reinheit oder shouchya, nämlich die innere Reinheit des Geistes mit reinen Gefühlen und die äußerliche Reinheit des Körpers mit guten Taten. Dieses ist die vierte Eigenschaft dieser Handlungsart. Das Ertragen allen Leides, wie die Erde es tut, wird kshama oder Nachsicht genannt und ist die fünfte Eigenschaft; sie ist so süß wie der Panchama-Ton (entspricht dem "G"). Mit einer einem selbst gegenüber feindlich eingestellten Person offen umzugehen ist die sechste Eigenschaft, die Rechtschaffenheit heißt. Weisheit ist das Verständnis, dass das gemäß den Schriften vorgeschriebene Verhalten zur Gottes-Erkenntnis führt; sie ist die siebte Handlungseigenschaft. Die unerschütterliche Vereinigung des Verstandes mit der Höchsten Person mit Hilfe der Kraft der shastras oder durch Meditation nach Reinigung des Geistes wird Weisheit (vidyan) genannt und ist die achte Eigenschaft. Das Akzeptieren der Shastra-Vorschriften ist dasselbe wie der Glaube an Gott (astikya), der die neunte Eigenschaft des Handelns ist. Eine Handlung mit dieser Eigenschaft ist richtig. Die natürliche Pflicht eines Brahmanen ist also, so zu handeln, dass diese neun Eigenschaften, d.h. Gelassenheit usw., fehlerfrei vorkommen. (18:845-851). Diese Kette mit den neun Edelsteinen der neun Eigenschaften ist eine Zierde eines Brahmanen, und er hat sie immer bei sich. (18:854).

Die sieben Eigenschaften eines Kshatriya.   Jetzt erzähle ich dir, welche Handlung einem kshatriya angemessen ist. (18:855). So, wie ein Löwe bei der Jagd nicht die Gesellschaft anderer sucht, ist ein kshatriya stark und zeigt angeborenen Mut ohne äußere Hilfe. Diese Tapferkeit ist die erste und beste Eigenschaft eines kshatriya. (18:856-857). Die zweite bemerkenswerte von kshtriyas gezeigte und Heldentum genannte Eigenschaft ist, die Welt durch ihre Stärke und Fähigkeiten zu erstaunen und unter keinen Umständen beunruhigt zu sein. Mut oder innere Stärke sind seine dritte Eigenschaft, durch die sein Geist und Verstand keine Furcht empfinden, auch wenn der Himmel einstürzt. (18:859-861). Die Überwindung von bei vielen Katastrophen aufkommenden Gefühlen (Freude, Schmerz, Angst usw.) und die Ausrichtung des Verstandes auch nach Durchmachen der Gefühle erfolgreich zu sein, ist die vierte Eigenschaft eines kshatriya und wird Geschick (Aufmerksamkeit) genannt. Ein extremer Kampfgeist ist seine fünfte Eigenschaft. Er tritt dem Feind gegenüber und vermeidet, vor ihm zurückzuweichen. Diese fünfte Eigenschaft ist unter allen Eigenschaften hervorragend, so wie die Hingabe bei den vier weltlichen Verpflichtungen eines Menschen. (18:863-867). Die sechste, Großzügigkeit genannte Eigenschaft eines kshatriya besteht darin, aus Nächstenliebe den Leuten grenzenlos Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen. (18:869-870). Der Zweck der Göttlichen Pflicht ist, die Untertanen liebevoll zu schützen und zu pflegen und deren Dienste zu empfangen (ein König wird als Repräsentant Gottes angesehen.) Dieses Gefühl, Gottes Repräsentant zu sein, ist die Quelle aller Macht und sollte im Verhalten eines kshatriya erkannt werden; es ist die siebente Eigenschaft und die Königin unter den Eigenschaften. Ein kshatriya wird von diesen sieben Eigenschaften geschmückt. (18:871-873). Die Handlung, welche durch diese sieben Eigenschaften geheiligt wird, ist die naturgegebene Handlung eines kshatriya. (18:878).

Die Pflichten eines Vaishya.   Jetzt erzähle ich dir von Handlungen, die einem vaishya angemessen sind. (18:879). Die naturgegebenen Handlungen eines vaishya sind, von Bauernhof, Säen und Pflügen, kurz, von der Landwirtschaft und Viehhaltung zu leben, oder Güter billig einzukaufen und sie teurer zu verkaufen. (18:880-882).

Die Pflichten eines Shudra.   Die drei Kasten vaishya, kshatriya und brahmin werden als dwija oder zweimal geboren bezeichnet. Ihnen zu dienen ist die einzige vorgeschriebene Pflicht eines shudra. Es gibt für einen shudra keine andere Pflicht als die, den Zweimalgeborenen zu dienen.
Damit habe ich dir die den vier Kasten angemessenen Handlungen beschrieben. (18:883-884).

Pflichten, die aus dem Selbstverständnis der Kasten resultieren.   So wie es für den Regen richtig ist, in den Fluss zu gelangen und es für den Fluss richtig ist, in den Ozean zu fließen, ist es für eine Person richtig, alle Handlungen durchzuführen, die ihr gemäß der Vorschriften des Vier-Kasten-Systems zukommen. Man sollte fest entschlossen die naturgemäßen nach den shastras vorgeschriebenen Handlungen durchführen. Rechte und Pflichten seiner Kaste sollten gemäß den shastras verstanden werden. (18:886-889, 891). Wenn jemand so handelt und sich Mühe gibt, dieses mit Körper und Geist freudig, zügig und ohne Begierde nach den Früchten zu tun, handelt er genau so wie die shastras es vorschreiben und erreicht das Ziel der Befreiung (d.h. das Losgelöstsein), weil er sich weder durch das Unterlassen der vorgeschriebenen Handlungen noch durch das Vornehmen der verbotenen Handlungen befleckt. Er wird daher nicht durch die Missstände der weltlichen Angelegenheiten betroffen. Er betrachtet mit Wünschen verbundene Handlungen als Fesseln aus Sandelholz und sieht sie noch nicht einmal an. Und weil er auf die Früchte der anderen Handlungen, d.h. der routinemäßigen Handlungen, verzichtet und sie so ungeschehen macht, erreicht er die Grenzen der Befreiung. Auf diese Weise umgeht er die Fallen von Sünde und Verdienst in dieser Welt und steht an der Pforte der Befreiung in Gestalt des Losgelöstseins. (18:893-894, 896-900).

DIE WICHTIGKEIT DES LOSGELÖSTSEINS

Das Losgelöstsein, als höchstes aller Vermögen und Geber der Weisheit zum Erreichen der Befreiung und als Endpunkt der Mühen auf dem Weg des Handelns, ist die Garantie für die Befreiung und die Frucht am Baume des Verdienstes. Der Suchende sitzt wie eine Biene auf der Blume des Losgelöstseins. Das Losgelöstsein ist der Sonnenaufgang und zeigt an, dass die Sonne der Selbst-Erkenntnis im Begriff ist, aufzugehen. (18:901-903). Der Mensch erlangt durch Beachtung der vorgeschriebenen Handlungen den Anspruch auf Befreiung. Arjuna, das Durchführen dieser vorgeschriebenen Handlungen ist mein einziger Aufruf und es ist die höchste Art von Dient Mir gegenüber, der ich die Seele von Allem bin. (18:905-906).

Die vorgeschriebenen Pflichten verpflichten wiederum Gott.   Die treue Ehefrau tauscht mit ihrem Ehemann auf jede Art und Weise Zärtlichkeiten aus, und dieses ist ihre Askese (tapas). Ein Kind hat kein Mittel zum Lebensunterhalt als seine Mutter, und sein richtiges Handeln ist, ihr zu dienen. (18:907-908). Man sollte seine vorgeschriebenen Pflichten nicht aufgeben. Das Erfüllen der vorgeschriebenen Pflichten verpflichtet Gott. Es ist Sein Wunsch, dass Jedermann die ihm vorgeschriebenen angemessenen Pflichten erfüllt. Daher erreicht man zweifellos Gott, wenn man diese Pflichten erfüllt. (18:910-911). Bei dem von Ihm gewünschten Verhalten nicht säumig zu sein ist der größte Ihm erwiesene Dienst. Irgendetwas anderes als dieses zu tun ist nur Geschäft. Wenn eine vorgeschriebene Pflicht erfüllt wird, kommt das also keiner Handlung gleich. Es kommt vielmehr einem Gehorchen der Befehle Gottes gleich, von welchem die fünf Prinzipien geschaffen wurden. Dieser Gott wickelt die Lumpen der Unwissenheit zusammen und macht daraus Puppen von Individuen und lässt sie an den Schnüren des Ego tanzen, die aus den Fäden der drei Merkmale geflochten sind. Gott hat das Universum wie das Licht einer Lampe von innen und außen durchdrungen, und wenn Er mit den Blumen guter Taten verehrt wird, ist Er erfreut. Daher gibt die durch die Verehrung erfreute Seele dem Suchenden das prasad des Losgelöstseins. Im Zustand des Losgelöstseins wird die Aufmerksamkeit auf Gott gelenkt, und der Suchende hat eine Abneigung gegenüber der gesamten Welt wie gegenüber Erbrochenem, und alle Freuden der Welt erscheinen ihm als Sorgen. Vor dem Erreichen des endgültigen Erfolges erreicht er sogar durch seine totale Hingabe Ihm gegenüber das Einssein mit Gott und wird der Selbst-Erkenntnis würdig. Wer also Entbehrungen auf sich nimmt, um die Befreiung zu erreichen, sollte seinem eigenem dharma (Verhaltensregeln) mit tiefem Glauben folgen. (18:913-922).

SEINEM EIGENEN DHARMA FOLGEN

Arjuna, obwohl es schwierig ist, die eigenen Verhaltensregeln zu beachten, sollte man daran denken, welche Vorteile man davon hat. (18:923). Wird uns nicht der Segen der Befreiung entgehen, wenn wir anfangen, unser dharma nicht zu mögen, weil er mit Schwierigkeiten verbunden ist? (18:926). Selbst wenn unsere Mutter einen Buckel hat, ist ihre Liebe, mit der wir am Leben bleiben, nicht bucklig. (18:927). Selbst wenn Butterschmalz mehr Wert hat als Wasser - können Fische in Butterschmalz leben!? Was für die Welt ein Gift ist, bedeutet Nektar für die Organismen, die in ihr leben. Selbst wenn es schwierig ist, sollte Jedermann das ihm Vorgeschriebene tun, was ihn von den weltlichen Sorgen befreien wird. Dagegen bedeutete, anderer Leute Verhalten zu imitieren, weil sie gut zu sein scheinen, dass wir auf unserem Kopf anstatt auf unseren Füßen gehen würden. Arjuna, ist es daher nicht nötig, dass man sich zur Regel macht, dass jeder seinem eigenem dharma gemäß handelt und sich nicht nach anderen richtet? Solange es keine Selbst-Erkenntnis gibt, wird es Handlungen geben, und das Durchführen von Handlungen wird anfangs immer schwierig sein. (18:929-935).

Wenn jede Handlung ihre Schwierigkeiten hat, sollten wir deshalb nicht unser dharma beschuldigen. (18:936). Wenn wir sogar die Handlungen durchführen, die schwierig sind aber die wir mögen - warum können wir dann sagen, dass die von den shastras vorgeschriebenen Handlungen schwierig sind? (18:945). Gibt es eigentlich ein anderes Ergebnis als Kummer, wenn man durch Bemühen seiner Organe und Vergeuden von Lebenszeit Sünden anhäuft? Man sollte daher nur seinem eigenen naturgegebenen dharma folgen, weil das unsere Mühen mildert und uns zur Befreiung führt, der höchsten der vier Verpflichtungen eines Menschen. (18:948-949). Erfreut über die große Verehrung durch das Beachten des eigenen dharmas, wird Gott die Tama-und Raja-Merkmale in deinem Geist verschwinden lassen und deinen Eifer auf das Sattva-Merkmal richten, was dich zur Überzeugung führt, das diese Erde und dieser Himmel wie Gift sind. Der Mensch erreicht dann das Losgelöstsein, das durch das Wort sansiddha angedeutet wird, das schon vorhin benutzt wurde (in der Gita shloka Nr. 45), um den Begriff des Losgelöstsein zu erklären. Ich erzähle dir nun, wie man ein Suchender wird, wenn man erst einmal diesen Zustand des Losgelöstseins gemeistert hat, und was man dabei gewinnt. (18:952-955).

WIE MAN EIN SUCHENDER WIRD

Ein solcher Mensch wird nicht im Netz weltlicher Dinge, wie dem Körper, gefangen. Seine Liebe zur Welt wird abgestumpft. Er empfindet seine Söhne, seinen Reichtum und seine Familie nicht als ihm gehörend, auch wenn diese sich nach seinen Wünschen richten. Dann wendet sich sein von den Sinnesfreuden verbrühter Verstand nach innen. Sein Gewissen bricht sein Gelübde nicht, sich nicht Äußerlichkeiten zuzuwenden. Dann fesselt der Suchende seinen Geist mit dem Einssein mit Gott und richtet sein Interesse auf das Selbst. Zu diesem Zeitpunkt verschwindet sein Wunsch nach weltlichen und jenseits der Welt liegenden Dingen. Wenn der Geist kontrolliert wird, verschwindet also auch die Begierde. Damit verschwinden auch die Illusionen von der Realität der Welt, und der Suchende erreicht den Zustand der wahren Weisheit (vom Selbst). Seine vergangenen Karmas werden ungeschehen gemacht, indem er den Prozess ihres Genusses oder des Darunter-Leidens durchläuft, und neues Karma wird nicht erzeugt, weil das Ego-Gefühl, der Handelnde zu sein, schon aufgehört hat. Dieser Zustand wird "karma-samya-dasha" oder der Null-Karma-Zustand genannt. Wenn dieser Zustand erreicht ist, trifft er automatisch seinen Guru. (18:956-966). Trifft er erst einmal seinen Guru, so hören seine Handlungen und seine Verantwortung als Handelnder auf. (18:968). Die Unwissenheit des Suchenden wird dann durch die Segnungen des wahren Gurus beseitigt. (18:970).

Zustand des Nicht-Handelns.   Ist die Unwissenheit beseitigt, verschwindet das Trio von Handlungen, dem Handelnden und dem Handeln, und das Karma wird automatisch aufgegeben. Mit dem Wegwischen der sichtbaren Welt mittels Beseitigung der Unwissenheit - dieser Ursache für alle Handlungen - erkennt der Suchende, dass er es selbst ist, was er sich bemüht hatte zu erfahren. (18:971-973). Die Unwissenheit nimmt das Wissen mit; was bleibt, ist das nichthandelnde Bewusstsein. Dieser Zustand der reinen Weisheit wird daher nicht-handelnd (oder Handlungslosigkeit) genannt. Der Suchende verbleibt dann im Zustand seiner ursprünglichen Gestalt. Der Zustand der vollkommenden Handlungslosigkeit ist die siddhi (Weisheit) der Handlungslosigkeit und ist natürlich die höchste aller siddhis. (18:977-980). Über den Zustand der Handlungslosigkeit hinaus gibt es nichts weiter zu erreichen. (18:983). Dieser Zustand wird durch die Segnungen eines wahren Gurus erreicht. (18:984). Wer könnte denn sagen, dass jemand noch irgendwelche Handlungen vornehmen muss, dessen Neigung im Selbst durch die Zerstörung der Dualität gefestigt hat, nachdem er Dank einer guten Fügung den Ratschlägen seines wahren Gurus zugehört hat? Solch ein Mensch hat zweifellos nicht mehr zu handeln. (18:987-990). Aber nicht jeder kann diesen Zusatnd erreichen. Was eine Person tun sollte, die bisher noch nicht den Zustand der Selbst-Erkenntnis erreichen konnte, wird im folgenden erklärt. (18:991).

Vorbereitung des Treffens mit seinem Guru.   Der Suchende sollte zuerst die Raja- und Tama-Merkmale zusammen mit Begierde und verbotenen Handlungen im Feuer der vorgeschriebenen Handlungen verbrennen, indem er Handlungen als Brennstoff nimmt (d.h. zum Verbrennen der verbotenen Handlungen und der beiden Merkmale). Dann sollte er zusehen, dass er seine Wünsche nach Kindern, Reichtum und Himmel vollkommen unter Kontrolle hat. Die den verschiedenen Sinnesfreuden ausgesetzten Organe sollten kontrolliert werden (pratyahar oder Kontrolle der Organe). Das dem eigenen dharma gemäße Handeln und das Opfern der Früchte dieser Handlungen Gott gegenüber bewirkt einen festen Zustand des Losgelöstseins. Es sollten Mittel gefunden werden, dass die Weisheit wächst und die Selbst-Erkenntnis erreicht werden kann. Wenn der Suchende so vorbereitet seinen wahren Guru trifft und dieser ohne Bedenken Ratschläge zur Selbst-Erkenntnis gibt (18:991-997), wird er schon bald die Früchte seiner Mühen erhalten. (18:999).

Hat man das Losgelöstsein erreicht und seinen wahren Guru getroffen und ist das kritische Urteilsvermögen im Geist verwurzelt, erkennt der Geist mit diesem Urteilsvermögen, dass nur das Brahman alleine real ist und alle anderen weltlichen Dinge eine Illusion sind. Man erreicht nur schrittweise und in geziemender Zeit den am Ende des Befreiungspfades stehende Zustand, eins mit dem alldurchdringenden und höchsten Brahman zu werden, in dem sich die Weisheit, durch die sich die drei Zustände (Wachen, Träumen und Schlafen) auflösen, selbst auflöst, in dem das Einssein der Vereinigung und sogar jede Spur von Seligkeit des Selbst verschwinden, bei dem aber dieses Höchste Brahman übrig bleibt, auch wenn sonst nichts bleibt. (18:1001-1006). Die Leuchte der Gedanken wird vom Öl des Losgelöstseins gespeist, und der Suchende erhält den Schatz des Selbst. Ich erkläre dir nun das Wesentliche an den Schritten, durch die ein Suchender die Selbsterkenntnis erreicht, der auf Dauer für Wert befunden wurde, sich am Schatz seines Selbst zu erfreuen. (18:1008-1010).

SCHRITTE ZUR SELBST-ERKENNTNIS

Die Suchende erreicht auf dem vom Guru gezeigten Weg die Ufer der heiligen Wasser des kritischen Urteilsvermögens und wäscht den Schmutz aus seinem Verstand. Dieser Verstand wird dann rein und erreicht seinen ursprünglichen Zustand, und indem er den Zwiespalt zwischen Glück und Unglück aufgibt, versinkt er im Besinnen auf das Selbst. Durch die Kontrolle der Organe beseitigt er die fünf Objekte der Freuden, denen die Organe beim Verlassen des Lebens in Weisheit Bedeutung beigemessen hatten. Dann setzt der Suchende die nun reinen und für den Yogapfad vorbereiteten Organe auf die Stärke seines Mutes an. Gleichermaßen begehrt er nicht die Früchte von Handlungen, wenn er die Folgen von vergangenen Karmas genießen oder erleiden muss. Indem er auf diese Weise seine Vorliebe für nützliche Dinge und seine Abneigung gegen schädliche Dinge aufgibt, lebt er allein in einer Höhle im bewaldeten Bergland, wo es keine Störungen durch andere Leute gibt, und seine eigenen Organe sind seine einzige Gesellschaft. Sein Zeitvertreib ist die Kontrolle von Geist und Organen, seine Sprache ist Schweigen. Er weiß nicht, wieviel Zeit während der Kontemplation über das ihm vom Guru gegebene Mantra vergeht. Und während des Essens kümmert er sich um drei Dinge nicht, nämlich stark zu werden, seinen Hunger zu stillen oder seine Geschmacksknospen zufrieden zu stellen. Er ist maßlos zufrieden, wenn er wenig isst. Sein Körper würde sterben, wenn der Hunger nicht gestillt wird; deshalb isst er gerade soviel, um ihn am Leben zu halten, und dieses in Mengen, die ihn nicht müde oder lethargisch machen. Sein Körper berührt nur dann den Erdboden, wenn er sich in Anbetung vor der Gottheit zu Boden wirft; ansonsten liegt er nicht gedankenlos auf der Erde. Er bewegt seine Glieder nur zum Überleben des Körpers und um Nahrung zu bekommen. Auf diese Weise hält er seinen Geist und seine Organe unter Kontrolle. (18:1011-1029).

Er erlaubt seinen Neigungen nicht, die Grenze des Geistes zu erreichen; taucht da überhaupt die Frage auf, die Neigungen in Worten auszudrücken? Indem Körper, Sprache, Geist und die äußeren Organe übereinstimmen beherrscht er die Meditation. Er beachtet dauernd das gleichbleibende Interesse an der Selbst-Erkenntnis, die in ihm durch das Mantra erweckt wurde, das er von seinem wahren Guru erhielt. Der übliche Weg der Meditation ist, so zu meditieren, dass die Meditation und das Objekt, über das man meditiert, eins werden. Hierzu hat man solange zu meditieren, bis Meditation, Meditierender und Objekt der Meditation eins werden; daher greift der Suchende bei seinem Unterfangen, die Selbst-Erkenntnis zu erlangen, zu Yogaübungen. Indem er sein Fußgelenk zwischen Anus und Genitalien presst und so den Sphinkter zusammenzieht, übt er die drei Stellungen, nämlich mula bandha (der Knoten an der Basis), jalandhar bandha und odhiyana bandha (Knoten, s. 6:192-200), vereinigt die pranas und erweckt so seine kundalini. Indem er den Weg des Sushumna-Nervs freimacht, bricht er durch alle Chakras, von muladhar bis zu adnya, und indem er dann den Nektarregen vom sahasrar oder dem tausendblättrigen Lotus am Scheitel des Kopfes auslöst, lässt er den Nektarstrom hinunter zum Muladhar-Chakra fließen. Dann weiht er seinen Geist und die pranas dem im Adnya-Chakra aktiven Bewusstsein. Während diese Kraft der kundalini belebt wird, fährt er im Hintergrund mit seiner Meditationsübung fort. Damit die Übung des Yoga und der Meditation ununterbrochen weitergeht, hat er schon zu Beginn das Losgelöstsein erreicht, das ihn nun begleitet, bis er letztendlich die Vereinigung mit dem Selbst erreicht. (18:1030-1043). Wie können Hindernisse in den geistigen Weg eines Suchenden der Befreiung treten, wenn in Letzterem bis zur Auflösung seiner Neigungen im Selbst schon das Losgelöstsein vorhanden ist? Dieser glückliche Mensch wird daher durch die Yogaübung im Zustand des Losgelöstsein der Weisheit des Selbst würdig. Durch die Rüstung des Losgelöstseins geschützt reitet er das Pferd des Rajayoga, und, das Schwert der Meditation fest im Griff des kritischen Urteilsvermögens haltend, überwindet er alle Schwierigkeiten, die großen und die kleinen; er schreitet über das dunkle Schlachtfeld der Welt und gewinnt die Befreiung. (18:1045-1049).

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Essen, Mai 2000. Letzte Änderung: 2010-NOV-18           Eingangsseite des Übersetzers.