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YOGIRAJ SHRI SHANKAR MAHARAJ
von Dr. V.V. Shirvaikar

KAPITEL I

EIN BEMERKENSWERTER YOGI

Shri Shankar Maharaj war zweifellos einer der bedeutendsten Siddhayogis im modernen Indien. Er war ein Auliya oder Avadhut, eine Bezeichnung für einen Yogi, der Vollkommenheit erreicht hat und Siddhis (okkulte Kräfte) besitzt. Er gehörte dem Nath-Panth-Orden an, aber er befolgte nicht dessen Kleiderordnung oder das dort übliche Gehabe. Er wurde am Anfang des 19. Jahrhunderts geboren und starb in Puna im Alter von ca. 150 Jahren am 28.April 1947, am achten Tag des hellen Halbmonats von Vaishakh, dem zweiten Monat nach dem Hindu-Kalender. Seine sterblichen Überreste liegen im Mandir-Grabmal, das bei Padmavati an der Straße von Puna nach Satara liegt, ca. 10 km vom Bahnhof Puna und ca. 2 km vom Swargate State Transport Bus Terminal entfernt.

Zu der Zeit, als Maharaj aus dem Leben schied, war die Gegend um den Samadhi (Grabmal) bewaldet, und die Leute wagten aus Angst vor Räubern und anderen widerwärtigen Elementen nicht, dort alleine hinzugehen. Der Samadhi war ursprünglich ein zweieinhalb Fuß hoher rechteckiger Ziegelbau, der den Elementen frei ausgesetzt war. Nur eine Person besaß die Hingabe, die Ausdauer und den Mut, dort bei Wind und Wetter auszuharren, um den Bau zu bewachen und um täglich zu beten. Es handelt sich um Herrn Baburao Rudra, einen glühenden Verehrer Maharajs. Er wohnte damals mit seiner Tochter in einer nahegelegenen Hütte und hatte kaum irgendwelche Hilfsmittel. Es gab für ihn viele Entbehrungen - sogar das Wasser musste von einem entfernt liegenden Brunnen herbeigeschafft werden. Er überwand aber alle diese Schwierigkeiten durch seine Hingabe. Später wurde ein kleiner Blechschuppen über dem Ziegelbau errichtet. Im Laufe der Zeit entschloss sich eine Gruppe von Leuten, einen richtigen Schutzbau um den Ziegelbau zu errichten, der dann zu dem heutigen schönen Bauwerk erweitert wurde.

Marmor-Statue auf dem Grabmal

Der Samadhi wird jetzt von einer eingetragenen Stiftung verwaltet. Die ursprüngliche Ziegelstruktur ist mit einer Marmorfassade versehen worden, und um das Ganze wurde ein Raum gebaut. in diesem Raum ist das Sanctum sanctorum, wo eine Marmorstatue Maharajs, angetan mit Turban und Schal und in seiner charakteristischen Stellung mit seinen langen Händen um die hochgezogenen Beine gefaltet, den Samadhi-Stein ziert. Ferner wurde eine größere Halle zum Durchführen von Ritualen wie Feueropfern, Hom usw. angebaut. Sie wird auch für Kirtans und Bhajans benutzt. Jedes Jahr wird Maharajs Todestag in großem Stil während einer Woche gefeiert, in der Tausende von Anhängern den Schrein besuchen. Mit anderen Worten, der Samadhi ist jetzt eine Institution und für die Anhänger von Shri Shankar Maharaj ein normaler Ort der Anbetung geworden.

Jeden Tag besuchen Hunderte von Anhängern das Grabmal, um in Ehrfurcht zu beten und um Segen zu empfangen. Seine Anhänger glauben fest daran, dass Maharaj sich auch nach seinem Tode um ihr Wohlergehen kümmert. Seine Anhänger und Schüler berichten über viele Vorkommnisse, in denen er ihnen in Krisenzeiten persönlich oder in Gestalt eines Mediums erschienen ist. Einzelheiten mit Daten zu einigen dieser überlieferten Ereignisse werden weiter unten beschrieben.

Es ist insbesondere bekannt, dass Maharaj durch das Medium Dinesh Kulkarni aus Malad, einem westlichen Vorort Bombays, über viele Jahre gewirkt hat. In der Tat betrachtet die neue Generation von Anhängern, die Maharaj in seiner ursprünglichen Gestalt nie getroffen haben, Herrn Kulkarni als Shankar Maharaj, ohne dabei Zweifel zu haben. Ältere Schüler, die Maharaj zu dessen Lebzeiten kannten, bestätigen dieses ebenfalls. Während ihrer Zusammentreffen mit Herrn Kulkarni wurden sie von diesem mit ihren Spitznamen angesprochen, und er erwähnte persönliche Dinge, die nur Maharaj wissen konnte. Das ist für die Anhänger Beweis genug zu glauben, dass es ihr Guru selbst war, der durch Herrn Kulkarni mit ihnen sprach.

Die Anwesenheit Maharajs ist in den Häusern vieler seiner Anhänger zu fühlen. Maharaj hat seinem späteren Schüler Dr. Dhaneshwar die Anwesenheit in dessen Haus für sieben Generationen versprochen. Wegen dieses etwas einzigartigen Phänomens endet die Biographie Shri Shankar Maharajs nicht mit seinem Tod. Es ist bekannt, dass Maharaj selbst heute noch vor Leuten in seinem eigenen Körper erscheint und ihnen hilft. Es ist also schwierig, die Aktivitäten Maharajs nur in der Vergangenheitsform zu beschreiben, und der Leser sollte sich dessen bei der Lektüre dieses Buches bewusst sein.

Die Gegenden Indiens, die Shri Shankar Maharaj über einige Jahrzehnte besuchte und beglückte, waren Bombay, Puna und die angrenzenden Gebiete von Nagar, Akluj, Solapur, Kolhapur und Nashik. Shri Shankar Maharaj war ein Avadhut und ein Auliya. Es ist immer schwierig, die Biographie eines solchen Heiligen zu schreiben. Seine Handlungen werden erst bekannt, nachdem seine Herkunft, Kindheit und geistige Ausbildung längst vergessen sind. Auliyas sind Sanyasis, die ihre Vergangenheit bewusst auslöschen und bei ihrer Initiierung einen neuen Namen annehmen. Gelegentlich sickern jedoch bruchstückhafte Informationen über das Vorleben an die Schüler durch. Tritt er dann mit der Bevölkerung in Kontakt, wird sein Leben ein offenes Buch, und man kann von den Leuten, insbesondere von seinen Schülern und Anhängern, Informationen erhalten.

UMFANG DIESES BUCHES UND DANKSAGUNG

In dieser Biographie habe ich Informationen über die Aktivitäten Maharajs verarbeitet, die von verschiedenen Anhängern und Schülern gesammelt wurden, die ich persönlich getroffen habe. Diese Informationen sind bisher unveröffentlicht und sind verlässlich, da sie von den Anhängern selbst stammen. Als Hintergrundinformationen habe ich Berichte über Aktivitäten zusammengefasst, über die in verschiedenen Veröffentlichungen berichtet wurde.
Einige der Anhänger und Schüler leben leider nicht mehr.

Unter dem hier zitierten schon veröffentlichten Material sind
(i) Die Biographie Shri Shankar Maharajs von Yogi Dnyananthij (in Marathi)
(ii)Die genaue Biographie Shri G.K. Pradhans in dem in Marathi geschriebenen Buch “Saada Deti Himashikhare”, welches eine Übersetzung Dr. R.S. Joshis von Pradhans berühmtem Roman “Towards the Silver Crests of Himalayas” ist.
(iii) Die Biographie Dr. N.R. Dhaneshwars, einem engen Schüler Maharajs, welche von seinem verstorbenen Sohn Dr. D.N. Dhaneshwar geschrieben wurde.
(iv) Ein Buch Dnyaneshwar Tandales, das einige kurze Informationen gibt.
Außerdem gibt es in verschiedenen Zeitschriften viele Artikel, die die Erfahrungen von Anhängern wiedergeben, die das Glück hatten, Maharaj zu begegnen. Obwohl sich viele Informationen in diesen Artikeln wiederholen und letztlich auf den oben genannten ersten beiden Veröffentlichungen stammen, konnte ich selbst einige neue Dinge entdecken. Wenn ich jetzt hier nur die neuen Sachverhalte gebracht hätte, hätten die Hintergrundinformationen gefehlt. Daher dachte ich, der Leser würde ein klareres Bild der Person Maharajs bekommen, wenn hier eine Zusammenfassung der in den Veröffentlichen gesammelten Informationen gebracht wird. Dieses gibt auch den Grundstock für die neueren Informationen und macht die Biographie überzeugender.
Ich bin den oben aufgeführten Autoren und Informationsquellen zu großem Dank verpflichtet.

Ich wurde beim Sammeln meiner Informationen durch Herrn V.M. (Nana) Pandit tatkräftig unterstützt, der selbst ein eifriger Schüler Maharajs war. Dank seiner Bemühungen hatte ich ferner das große Glück, folgende Herren zu treffen und ihre Erfahrungen aufzuzeichnen: S.B. Patwardhan, Madhusudhan Kanhere sowie die inzwischen verstorbenen Dattatreya Abhyankar und G.J. Joshi.
Einige Jahre vorher stand ich mit dem inzwischen verstorbenen Herrn V.K. Kulkarni aus Kolhapur in engem Kontakt, der mir von seinen Treffen mit Maharaj erzählte, die sich ereigneten, als er selbst in der Zuckerfabrik in Malinagar bei Akluj beschäftigt war. Ich machte damals Notizen von seinen Erzählungen, die sehr aufschlussreich sind.
Durch Herrn Koppikar, einen anderen Anhänger Maharajs, lernte ich die inzwischen verstorbene Frau Maniben Asher kennen.

Den oben genannten Anhängern und Schülern danke ich für ihre Zusammenarbeit. Es war mir eine große Freude, sie zu treffen und ihr Wohlwollen in Anspruch zu nehmen. Ich hoffe, den Lesern nützt dieses gleichermaßen.

Ich bedanke mich bei Herrn Shankar Sagare, dass er mir Photographien zur Verfügung gestellt hat. Das Bild in der Portalseite stammt von einem Negativ, das ich von Herrn Abhyankar erhielt. Die Schwarzweißphotos sind sehr alt und sind etwas unscharf, geben aber ein Bild davon, wie sich Maharaj bei verschiedenen Anlässen zu kleiden pflegte.

 
 

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KAPITEL II

EIN NATH-PANTH SIDDHA-YOGI


SEIN ERSCHEINUNGSBILD UND SEIN BENEHMEN

Maharaj war verkrüppelt. Er wird oft als Ashtavakra bezeichnet (d.h. an acht Stellen gekrümmt). Das ist der Name eines großen Weisen aus den Zeiten der Entstehung der Puranas. Maharaj war klein, hatte aber lange Arme, so dass die Hände unter seine Knie reichten. Am auffälligsten waren seine Augen, die groß und leuchtend waren, und ein kindlicher Ausdruck in seinem Gesicht. Eine bekannte Photographie zeigt ihn mit Bart, aber in späteren Jahren war er gut rasiert. Im Samadhi-Tempel in Puna kann man viele Photos und Bilder von ihm in verschiedenen Arten von Kleidung sehen. Oft trug er eine Brandyflasche in der Hand und eine Reitpeitsche bei sich, beides für einen Yogi ziemlich ungewöhnliche Gegenstände. Er pflegte Leute mit beleidigenden Worten wie "Bhadvya" und "Haramkhor" anzureden, ohne dieses jedoch ernst zu meinen. Vielmehr wurde es den Leuten als Glück angesehen, von Maharaj beschimpft zu werden, da sie fest daran glaubten, dass die Flüche die betroffene Person von vergangenen Karmas oder zukünftigen Schwierigkeiten befreiten. Obwohl Maharaj klein und mager war, war er sehr stark, und es gab Fälle, in denen er seine Stärke zeigte, um einem arroganten Menschen das Ego auszutreiben.

Einige Yogis benehmen sich in Gesellschaft und im täglichen Leben gemäß den sozialen Normen, wenigstens äußerlich, aber einige derjenigen, die Vollkommenheit erreicht haben, befinden sich außerhalb der sozialen Grenzen und benehmen sich manchmal abnorm. Manche benehmen sich wie Kinder (Blalvritti, oder kindliches Verhalten), manche sind exzentrisch wie Geisteskranke (Unmattavritti, oder erregtes Verhalten), während andere sich sehr seltsam verhalten und wie ein Geist an einem seltsamen Ort leben (Pishacchavritti, oder geistähnliches Verhalten). Da sie jedoch durch die Erfahrung des Brahman innerlich selig sind, kümmern sie sich wenig um die Welt um sie herum, außer, dass sie Menschen auf ihre Art und Weise helfen. In diesem Zustand kümmert es ihn vielleicht garnicht, ob er etwas isst, ob er schläft oder ob er Kleidung trägt, bei heißem oder bei kaltem Wetter. Viele Avadhuts verbleiben in einem der drei oben beschriebenen Verhaltenszustände. Von Maharaj ist bekannt, dass er alle drei Verhalten zeigte.

Eine Originalphotographie Maharajs

BRANDY UND ZIGARETTEN

Maharaj blieb nie lange an einem Ort und reiste gewöhnlich von Stadt zu Stadt. Er rauchte gerne Honeydew-Zigaretten (allgemein als Pila Hathi bekannt). Er trank auch sehr gerne Brandy und schien oft betrunken zu sein. In Wirklichkeit war er es aber nicht. Er liebte den Geruch von Hina (attar) und Musik. Er trank auch gerne Tee und aß gerne khichadi (Reis und Hülsenfrüchte, mit einigen Gewürzen zusammen gekocht) und Zwiebel-Bhajiya (in gewürzem Mehl gewendete und gebratene Zwiebelstreifen). Obwohl es für einen Siddhayoga befremdlich erscheint, Alkohol zu trinken, ist er kein Einzelfall.

Ein Yogi namens Lala aus Darva (in der Region Vidarbha von Maharashtra), den Purohitswami in seiner Autobiographie "Ein indischer Mönch" erwähnt, ist ein andres Beispiel. Shri Chile Maharaj aus Kolhapur, ein anderer Auliya, den man für einen Avatar von Shri Dattatreya hielt, trank ebenfalls Alkohol und hatte nichts gegen nicht-vegetarische Nahrung. Das waren für ihn unwichtige Dinge. Ich möchte die Leser jedoch nochmal darauf hinweisen, dass diese Yogis schon Vollkommenheit erreicht hatten. Leider gab es viele Betrüger, die durch Rauchen und Brandytrinken als Medien von Shri Shankar Maharaj auftraten.

Maharaj trank immer aus einem bestimmten Grund. Einer war, unliebsame Leute fernzuhalten. Nur diejenigen, die Maharaj hinter der äusseren Fassade sahen, durften zu ihm kommen. Es gab Vorfälle, bei denen Maharaj trank und eine andere neben ihm stehende Person betrunken wurde. Einige Leute, denen Maharaj ein Glas Brandy zu trinken gab, erzählten später, dass es kein Alkohol sondern eine wohlschmeckende Brause oder Kokusmilch war.

Er erzählte einmal, dass er Alkohol trank, um anderen Kräften, z.B. Bhairav, zu opfern, die er um bestimmte Handlungen mit übernatürlichen Kräften gebeten hatte, unter anderem um verdiente Personen vor schwerer tödlicher Krankheit zu schützen. In der Tat gibt es nahe der Stadt Ujjain in Madhya Pradesh einen Tempel für Bhairav, ein Mitglied aus der Umgebung Lord Shivas, wo die Anhänger der Gottheit regelmäßig Alkohol opfern.

Maharaj trug gerne Ringe und Juwelen, aber er verschenkte sie gewöhnlich. Bezüglich seiner Kleidung war er nicht wählerisch. Manchmal zog er sich fürstlich an, manchmal trug er ganz normale Kleidung. Überraschenderweise stand ihm jede Kleidung. Einmal bat er seinen Schüler Pradhan um dessen Mantel. Herr Pradhan war eine imposante Erscheinung, aber sein Mantel passte Maharaj ausgezeichnet. Im Sanctum sanctorum des Mandir-Grabmals kann man eine Sammlung von Photographien mit Maharaj in verschiedenen Gewändern sehen.

MAHARAJ WAR EIN NATH PANTHI

Maharaj gehörte zur Nath-Sekte. Die Mitglieder dieser Sekte betrachten Lord Shiva als ihre erste Gottheit und nennen ihn Adinath oder den Ersten Nath. Lord Dattatreya, der als eine Verbindung der drei Gottheiten Brahma, dem Gott der Schöpfung, Vishnu, dem Gott der Erhaltung, und Shiva, dem Gott der Vernichtung, betrachtet wird, wird als ein König unter den Yogis angesehen und genießt bei den Nath Panthis hohes Ansehen.

Eine bestimmte Gruppe von neun Yogis der Nath-Sekte wird Navrath (nav = neun) genannt und gemeinsam in vielen Teilen Indiens verehrt. Die traditionelle in Maharashtra gebräuchliche Liste der Navrath-Mitglieder ist Machchindranath, Gorakhnath, Jalandharnath, Gahininath, Nagnath, Kanifnath, Adbangnath, Charpatinath und Bhartriharinath.
Traditionell wird Matsyendranath (besser in seiner verdrehten Form Machchindranath bekannt) als der Begründer von Nath Panth betrachtet. Der bekannteste Nath-Yogi ist jedoch sein Schüler Gorakshnath (Gorakhnath). Gorakshnath reiste oft durch ganz Indien und Nepal und schrieb über 68 Bücher sowohl in Sanskrit als auch und in Prakrit. Die Navnath-Periode kann zwischen 875 n.Chr. und dem 11. Jahrhundert liegend angenommen werden.

Geschichtlich gesehen reichen die Wurzeln von Nath Panth in die Sahajyan-Sekte, eine der vielen Sekten, die zum Ende der buddhistischen Ära in Indien aufkamen. Sarahapad (769-809 n.Chr.), ein Sahajyan-Siddha, wird als der ursprüngliche Gründer der Nath-Sekte betrachtet. Es war aber Machchindranath, der als 7. in dieser Linie dem einfachen Volk die Nath-Tradition übergebracht hatte und wohl deshalb als ihr Gründer gilt.

Die Naths kümmern sich nicht um Kaste, Glaube oder Religion. Sie kommen aus allen Bevölkerungsschichten, sind Könige und Mittellose, Brahmanen, Muslime und Unberührbare. Tajuddin Darga aus Nagpur und Haji Malang Darga aus Kalyan (ca. 30 km von Bombay entfernt) sind typische Beispiele für große Moslemheilige, die zur Nath-Sekte gehörten. Obwohl die früheren Nath Panthis Sanyasis, d.h. Entsagende, waren, trifft dieses nicht für alle Nath Panthi zu. Man kann sein normales Familienleben weiterführen und gleichzeitig den Lehren von Nath Panth folgen.

Die grundlegende Philosophie von Nath Panth ähnelt der von Vedanta, Sankya oder Shaiva, unterscheidet sich aber in mancher Hinsicht.

Die Vedanta-Philosophie lehrt, dass Maya dieses Universum durch die Kraft von Brahman geschaffen hat, dem eigenschaftslosen (nirguna) und gestaltlosen (nirakara) Letzten Einen. Maya lässt den Einzelnen sich mit seinem Körper identifizieren und nicht mit der unvergänglichen Seele (Selbst, Atman oder Brahman), die den vergänglichen Körper durchdringt. Selbst-Erkenntnis tritt ein, wenn dieses Ego oder diese "Ich-bin-der-Körper"-Unwissenheit beseitigt und durch die Weisheit des "Ich-bin-die unvergängliche-Seele" ersetzt wird. Das Hauptziel des Suchenden ist, diese Selbst-Erkenntnis zu erlangen. Hierbei erkennt er zunächst nur, dass er nicht von Brahman verschieden ist. Die nächste Stufe ist, eins mit dem Brahman zu werden. In diesem Stadium verschwindet auch das Wissen, dass man die Seele oder Atman ist, und man erreicht die Stufe des Höheren Atman oder Paramatman. Dieses ist die höchste Entität, die wir Gott nennen. Vedanta ist eine Advaita-Philosophie, d.h. eine nicht-dualistische Philosophie, weil es nur eine Letzte Entität gibt.

In der Sankhya-Philosophie liegen die Dinge ähnlich. Purusha und Prakriti nehmen den Platz von Brahman und Maya ein. Während im Vedanta die Seele in allen Individuen eine einzige Entität ist, betrachtet der Sankhya die Seele jedes Individuums jedoch als unterschiedlich. Zu beachten ist, dass die Sankya-Philosophie keinen Gott in unserem Sinn kennt und daher als atheistisch betrachtet wird. Die Sankhya-Philosophie ist im Grunde eine Dwaita oder dualistische Philosophie, aber die Gita hat sie auf die Advaita-Ebene gebracht, indem sie Purushottama als das Letzte-Entitäts-Äquivalent zu Paramatma definierte.

In der Shaiva-Philosophie heißen die entsprechenden Entitäten Shiva und Shakti. (Dieser Shiva ist nicht identisch mit der Gottheit Shankar sondern ein letztes Prinzip, das auch Shivatatva genannt wird. Shankar ist das Prinzip, das eine Gestalt hat, um es besser begreifen zu können.) Shakti erzeugt das Universum durch die Kraft von Shiva. Beide sind ein untrennbares Paar. Die Entität hinter Shiva ist Paramshiva.

Die Nath-Philosophie ist mit der Shaiva-Philosophie verwandt, jedoch ist ihre höchste Entität Nath (Adinath) statt Paramshiva. Adinath ist jenseits des Konzepts von Eigenschaften oder deren Fehlen. Shiva ist durch Shakti der Schöpfer des Universums und nicht Adinath. In dieser Philosophie ist Shakti ein aktives Prinzip (chitswabhava) im Vergleich zur passiven Natur (jada) von Maya. Die Nath-Philosophie lehrt, dass alles, was im Universum existiert, auch im Körper (pinda) ist. Das Ziel der Naths ist, zunächst vermittels Yoga Befreiung zu erlangen um dann den Zustand des Adinath zu erreichen. Die Naths legen großen Wert auf Körperübungen gemäß dem Hathayoga.

Wie Maharaj dazu kam, Mitglied der Nath-Sekte zu werden, ist unklar. Er trug nicht die traditionelle Kleidung der Nath Panthis und er beachtete und lehrte seinen Schülern nicht die Eigenheiten der Nath Panthis. Aus der Biographie Dr. Dhaneshwars (siehe unten) kann man erkennen, dass beide in früheren Leben Nath Panthis und eng mit Gahininath verbunden gewesen sind.

LIEBE ZUR DNYANESHWARI

Maharaj liebte die Dnyaneshwari, den Kommentar der Gita in zeitgenössischem Marathi. Dnyaneshwar Maharaj (1273-1295) schrieb ihn vor mehr als 700 Jahren. Maharaj nannte sie zärtlich "Dnyani". Ihr wirklicher Name ist Bhavarthaeepika, was soviel wie "Anleitung zum Verständnis bedeutet. Sie ist in Versform und zwar in der vierzeiligen Ovi genannten Form verfasst. Es gibt 9034 Ovis, die jede Shloka (Strophe) der Gita in einfacher für die Landbevölkerung verständlicher Sprache erklären. Für diese Leute war die Philosophie der Gita unerreichbar gewesen, weil nur wenige Sanskrit beherrschten und das Gitastudium auf die Brahmanen beschränkt war. So klar sie auch geschrieben ist, sind die tiefen philosophischen Gedanken der Gita für einen normalen Menschen schwer zu verstehen. Dnyaneshwar Maharaj gab einfache Erklärungen, indem er Beispiele aus dem täglichen Leben und Gleichnisse benutzte. Tatsächlich ist sogar seine Poesie großartig. Dnyaneshwar Maharaj schrieb das Werk im Alter von nur sechzehn Jahren auf Anweisung seines älteren Bruders und Gurus Nivruttinath, um die göttliche Philosophie den normalen Menschen näher zu bringen. Ein Buch wie die Dnyaneshwari konnte in solch einem jugendlichen Alter nicht ohne die führende Hand Gottes geschrieben werden. In Kapitel XV wird eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Lehren der Dnyaneshwari gebracht, weil dieses ein Licht auf Persönlichkeit und Lehren Maharajs wirft. Der Einsatz Gottes bei der Hilfe seiner Anhänger ist in diesem Zusammenhang wichtig und wird in Kapitel XV beschrieben.
Die Dnyaneshwari (Philosophischer Teil) ist in Englisch und Deutsch unter folgenden Links abrufbar:

ENGLISH: http://www.hinduweb.org/home/dharma_and_philosophy/vshirvaikar/
or http://www.dj6qo.de/dnye/dnyeentry.htm
(See also:   http://www.tphta.ws/TPH_DNYA.HTM and http://www.vishwatmak.org/dynan.html )

For total text by Mr M.R. Yardi see: http://www.bvbpune.org/contents1.html

DEUTSCH: http://www.dj6qo.de/dnyg/dnyentry.htm
 

DIE AUFMERKSAMKEIT DER MENSCHEN AUF GOTT LENKEN

Maharaj hatte keinen Hauptwohnsitz und kein Math. Er war sozusagen selbst sein Hauptquartier. Er hatte auch keinen Besitz. Er blieb nie lange an einem Ort. Er war bei seinen Schülern immer willkommen, und ihr Zuhause war sein Zuhause, gleich, ob es sich um einen Palast oder um eine Hütte handelte. Hauptsächlich hielt er sich in Bombay, Puna, Ahmednagar (Nagar), Solapur, Nashik und Akluj (Zuckerfabrik Malinagar) auf, wo er zahlreiche Schüler und Anhänger hatte.

Maharaj reiste weit umher um seine Anhänger zu besuchen, für die es jedesmal ein Privileg war, ihn bei sich zu haben. Wo immer er hin ging, bewegte er seine Anhänger, Feste oder Veranstaltungen mit Bhajans, Vorträge (kirtan) zu und Lesungen aus religiösen und philosophischen Texten zu organisieren, z.B. der Dnyaneshwari, dem Dasbodh (dem geistigen und praktischen Anleitungen von Samarth Ramdas), der Gurucharitra (der Geschichte der beiden Avatare von Shri Dattatreya, Shripad Shrivallabh ud Shri Narasimha Saraswarti), und dem Bhagwat (eine Purana zum Rihme Lord Vishnus). Dadurch lenkte er die Aufmerksamkeit der Menschen auf Gott. Maharaj hielt wegen seiner lispelnden Aussprache selbst keine Vorträge, hielt aber seine Schüler an, selbst Vorträge über die Dnyaneshwari zu halten. In Puna war Taisaheb Mehendale, die Frau des bekannten Rechtanwaltes Raosaheb Mehendale, eine solche Schülerin, die nicht nur regelmäßig Vorträge zur Dnyaneshwari hielt, sondern auch andere Feiern vorbereitete, wie die Gokulashtami und die Shivaratri, wo dann Hunderte von Leuten teilnahmen.

Aus veröffentlichten Berichten weiß man, dass er oft die drei wichtigsten Wallfahrtsstätten für die Anhänger Shri Dattatreyas, nämlich Oudumbar, Narasobawadi und Gnanagapur besuchte, die durch Shri Narasimha Saraswati berühmt geworden waren. Er besuchte Shrishailam in Andhra Pradesh, das wegen seines Tempels Lord Shivas berühmt war, sowie Mahur, das wegen des Tempels Shri Renuka Göttin Durgadevis bekannt und einer der vier Wallfahrtsorte der Göttin Durga ist. Mahur ist auch als der Ort bekannt, den Shri Dattatreya nachts besucht, um dort zu schlafen.

SEINE SCHÜLER UND ANHÄNGER

Maharaj hatte viele Schüler und unzählige Anhänger, und jedesmal wenn er irgendwo hin kam, war er von vielen umgeben. Aus der Literatur sind folgende Anhänger bekannt.

Nagar: Sardar Mirikar aus dem damaligen Staat Miri bei Nagar, Dr. Nagesh R. Dhaneshwar, Major Ganesh Abhyankar und sein Sohn Dattatreya Abhyankar, Raobahadur Navale und Annasaheb Thorat.

Puna:  Raosaheb Mehendale und seine Frau Taisaheb Mehendale, Mama Dhekne, Herr Vasudeo M. Pandit, Herr Dnyananath oder Bapu Ranade, Appa Gosavi oder Gosavi Maharaj, Baburao Rudra, die Sängerin Yellubai Mane, Prof. Bhalchandra Deo, Herr Rambhau Ranade und Herr S. B. Patwardhan.

Akluj und Bombay:  Herr G. K.  Pradhan, Herr Keshavbhai Asher, Herr Girme, Herr V. K. Kulkarni, Herr Tatya Sahasrabuddhe, Herr Ganapatrao Pathare und Herr Dada Fulari. Herr V.K. Kulkarni lebte ursprünglich in Akluj und arbeitete unter den Herren Asher und Pradhan, zog aber später nach Kolhapur.

Solapur: Shri Janardanbua des Shubharaya Math von Solapur, Herr Omkarnath Bhasme, Herr Rambhau Korad (Rammaster) und Herr Purushottam Devasthali.

Dr. Khare aus Washim, Shri Digambar Saraswati Rajayogi aus Shantikunj im Staat Maharashtra, Acharya P. K. Atre, der bekannte Autor sozialkritischer Dramen, Filmproduzent and Humorist, sowie Balgangharva, der bekannte Schauspieler und Sänger, gehörten auch zu seinen Anhängern.

Maharajs Zuwendung galt jedoch nicht nur den Hindus - er hatte auch Anhänger bei den Moslems. Einer dieser Anhänger war Herr Khansaheb in Puna, der dort eine Uhrenfabrik besaß. Ein Anderer war Herr Nuri aus Bombay, ein Freund Raosaheb Mehendales. Viele andere Moslems baten ihn um Rat. Er pflegte, ihnen zum Beheben ihrer Schwierigkeiten Texte aus dem Koran zu zitieren. Er sagte imer, Islam bedeutet Friede. Der Prophet Mohammed predigte Frieden und riet, nicht zu töten, nicht zu stehlen, nicht zu lügen, nicht die Zeit in unnützem Luxus zu verschwenden, keine Zinsen zu nehmen usw. Maharaj sagte seinen mohammedanischen Anhängern, dass die wahre Moschee in einem reinen Herzen liegt. Die wahre Lehre des Islam fordert zu unendlichem Glauben an Gott auf und sagt, dass die Liebe Gott ist.
Wegen mittelbarer Hinweise wird angenommen, dass Maharaj auch andere Länder besuchte und dort Anhänger hatte. Hierüber ist aber sehr wenig bekannt, außer, dass er im Westen Herr John und in den moslemischen Ländern Nurmohammad genannt wurde.

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KAPITEL III

ÜBER GEBURT UND LEBEN

BERICHTE ÜBER SEINE GEBURT

Es gibt drei verschiedene Berichte über seine Geburt.

    I. Es wird berichtet, dass ein gewisser Chimnaji im Dorf Antapur in Satana Taluka bei Nashik kinderlos war und zu Lord Shiva betete, um ein Kind zu haben. Eines Nachts träumte er, dass er ein Baby im Gebüsch des Waldes am Dorfrand finden würde. Er betrachtete den Traum als eine göttliche Vorsehung, durchsuchte am nächsten Tag den Wald und fand wirklich einen zwei Jahre alten Knaben, so wie es ihm im Traum angedeutet worden war. Er brachte das Kind nach Hause und nannte es Shankar, weil es als ein Geschenk Lord Shivas angesehen wurde. Schon als Junge pflegte Shankar in die nahen Wälder zu gehen, um dort zu meditieren, kehrte aber immer abends sicher zurück. Eines Tages deutete er seinen Pflegeeltern an, dass sie bald selbst ein Kind bekommen würden. Dieses geschah, und kurze Zeit später verließ Shankar sein Zuhause und ging in den Himalaja um geistigen Dingen nachzustreben.

Herr V.M. Pandit besuchte dieses Dorf vor einigen Jahren (wahrscheinlich 2001). Er sah, dasss Chimnajis Hütte noch stand aber repariert werden musste. Dort leben nun Chimnajis Nachkommen. Er sah auch das Grabmal Davalpirs, eines moslemischen Heiligen, auf einem nahen Hügel. Es heißt, dass Maharaj auf diesem Hügel gefunden wurde.

   II.  Die zweite Version ist ähnlich, nur ist der Ort der Handlung ein Dorf in der Beed-Parbhani-Gegend von Marathwada. Eine kinderlose Frau pflegte in einem Shiva-Tempel zu beten, um einen Sohn zu bekommen. Nach ca. achtzehn Jahren Gebet kam ein verkrüppelter acht Jahre alter Wanderer vorbei und berührte ihre Brust. Ein Wunder geschah, und ihre Brüste füllten sich wie bei einer Frau nach einer Geburt mit Milch. Die Frau sagte zu dem Jungen: "Durch Deine Berührung haben sich meine Brüste mit Milch gefüllt. Ich betrachte Dich als mein Kind. Bleibe bitte bei mir." Der Junge sagte, dass sie Zwillinge bekommen, er aber bis dahin bei ihr bleiben würde. Der Junge wurde Shankar genannt. Wie vorhergesagt, gebar die Frau Zwillinge, und kurz darauf verließ Shankar sie, um in den Himalaja zu gehen. Zur Bestätigung dieser Geschichte wird erzählt, dass nach Maharajs Tod zwei ca. 80 bis 90 Jahre alte Männer zum Grabmal kamen und sagten, dass ihr älterer Bruder dort gestorben sei. Viele Leute erinnern sich an dieses Ereignis. Dieses bedeutet aber, dass sich Maharajs Geburt um einige Jahrzehnte in unsere Zeit verschiebt.

     III. Die dritte Version wird in der von seinem Schüler Dr. Nagesh Dhaneshwar (1899-1980) verfassten Biographie beschrieben. Ihr wird zugeschrieben, der von Maharaj selbst an Dr. Dhaneshwar gelieferte Bericht zu sein.

Dr. Dhaneshwar berichtete, dass die von Maharaj über seine vergangenen Erlebnisse erzählten Geschichten anscheinend aus viel früheren Zeiten stammen, als Maharajs scheinbares Alter vermuten ließ. Er fragte Maharaj einmal nach seinem Alter. Anstatt zu antworten bat Maharaj ihn, sein Alter nach einer ärztlichen Untersuchung zu schätzen, da Dr. Dhaneshwar ein Arzt war. Nach der Untersuchung, bei der der Zustand der Gelenke, die Zungenlänge und die Zahnstellung, die im Alter von über 100 Jahren bestimmte Eigenschaften haben, betrachtet wurden, schätzte Dr. Dhaneshwar das Alter auf mehr als 125 Jahre. Maharaj bestätigte das und erzählte ihm, dass er um 1800 herum in Mangalwedhe in der Familie Upasani geboren wurde. Er war ein sehr ungezogener Junge und stromerte herum, wie es ihm gefiel. Als er sieben oder acht Jahre alt war, wollte er eines Tages mit Pfeil und Bogen bewaffnet ein Reh jagen. Er folgte ihm und war bald an einem Shiva-Tempel an einem Ort, der Machnur genannt wurde. Dort traf er einen großen Sanyasi, der ihn bat, nicht auf das Reh zu schießen, und es auf seinen Arm nahm. Er kümmerte sich aber nicht darum und schoss auf das Reh. Der Pfeil traf den Sanyasi, wurde stumpf und fiel zu Boden. Der Sanyasi beugte sich nieder und streichelte ihn, und so wurde Maharaj durch eine Berührung initiiert. Maharaj blieb ungefähr ein halbes Jahr bei ihm, und in dieser Zeit übermittelte er ihm viel Weisheit und schickte ihn dann auf Pilgerfahrt. Er schloss sich einer Gruppe Nath-Panth-Pilgern an und ging in den Himalaja, wo er sehr strenge Askeseübungen durchführte. Er kehrte von dort zurück und verbrachte seine Zeit in Gesellschaft von Siddha-Yogis in den Vriddeshwar-Bergen bei Nagar.

Dieser Sanyasi war Swami Samasth aus Akkalkot selbst gewesen. Maharaj erzählte, dass er noch den Peshwas begegnet war und aus der Hand des Peshwa zu Shaniwarwada in Puna Dakshina (Geldopfer an Brahmanen) empfangen hatte. Puna war der Sitz der Peshwa-Regierung vor ihrer Niederlage gegen die Briten (die britische Armee besiegte 1818 die Peshwas). Es gab in Puna einen britischen Steuereinnehmer, der aus irgendeinem Grund Vertrauen zu ihm entwickelte und ihn als seinen Guru betrachtete. Er nahm ihn mit nach England, wo er zehr Jahre blieb und wo ihn Maharaj den Joga-Pfad lehrte. Nachdem er Vollkommenheit erreicht hatte, kehrten beide zurück nach Indien. Maharaj fügte hinzu, dass er die englische Sprache perfekt verstehe und das gesamte Werk Shakespeares gelesen habe. .

Diese drei Versionen stimmen nicht überein. Es gibt ferner Unstimmigkeiten bei den zeitlichen Abläufen der von Maharaj in Version III beschriebenen Ereignisse.

Eine Frage ist, wie er von den Peshwas Dakshina erhalten haben konnte, wenn er sich auf Pilgerfahrt begeben hatte.Dakshina wird nur Brahmanen gegeben, und um als Brahmane initiiert zu werden, muss man das Ritual der Faden-Zeremonie durchgemacht haben, die gewöhnlich im Alter von sieben oder acht Jahren abgehalten wird. So ist es möglich, dass er vielleicht mit seinem Vater nach Puna ging und bei der Gelegenheit Dakshina erhielt. Sein Zusammentreffen mit dem britischen Steuereintreiber und die Reise nach England muss nach seiner Rückkehr von den Askeseübungen im Himalaja stattgefunden haben, vielleicht nach einer Zeitspanne von ein paar Jahrzehnten. Zu der Zeit hatten die Briten die Macht übernommen (1818) und eine Zivilverwaltung aufgebaut. Vielleicht hat er den Steuerbeamten in Nagar getroffen.

Herr Dattatreya Abhyankar (Siehe Kapitel V) erzählte mir eine Geschichte, aus der hervorgeht, dass Maharaj in der Familie Upasani geboren ist.

Zur Zeit der britischen Herrschaft lebte in Nager ein heiliger Yogi namens Upasani Maharaj. Es waren die Jahre, in denen die Briten als Eroberer mit ausgeprägter Überheblichkeit auf alles Indische herabsahen, die religiösen und geistigen Traditionen eingeschlossen. Die britische Verwaltung warfen Upasani Maharaj vor, die Öffentlichkeit spirituell hinters Licht zu führen. Kein Anwalt wollte den Yogi verteidigen. Die Juristen waren westlich erzogen und traten in die Fußstapfen ihrer sie beherrschenden Meister. Shri Shankar Maharaj bemerkte, was vor sich ging, sprach einen Anwalt namens Shrotri an und beredete ihn, die Sache Upasani Maharajs zu übernehmen, den er als seinen Bruder ausgab. Herr Shrutri sagte ihm, dass er die Sache nicht übernehmen könne, da er kein geistiges Hintergrundwissen habe. Aber Maharaj bat ihn, sich einfach an seine gewohnte Stelle im Gerichtssaal zu stellen und zu reden; er selbst würde dann für den Rest sorgen. Herr Shrotri war einverstanden und plädierte in dem Fall. Er gewann nicht nur den Fall sondern wurde vom Gericht gelobt, weil er das indische spirituelle System so gekonnt erklärt habe.
Herr Srotri jedoch war verwirrt. Er wusste nicht mehr, wie und was er vor Gericht gesagt und warum er die Belobigung erhalten hatte. Als sich Maharaj bei ihm bedankte, bat er ihn, sich etwas zu wünschen. Daraufhin bat er Maharaj um Lord Dattatreyas "Padukas", um sie zu verehren. In den der Guru-Tradition folgenden Sekten werden die Padukas (Sandalen) eines Gurus als Verkörperung der Kräfte des Gurus verehrt und angebetet. Maharaj stimmte zu und nahm Herrn Shrotri mit nach Ganaganpur. Dort führte er ihn zu "Bhasmacha Dongar", einem kleinen Aschehügel. Der aschefarbene Boden wird bei einigen Gottesdiensten als richtige Asche verwendet. Maharaj bat Herrn Shrotri um vollständiges Schweigen. Dann steckte er die Hand in den Boden und zog eine Sandale hervor. Als er seine Hand in den Boden steckte, um die zweite Sandale herauszuholen, fragte ihn Herr Shrotri dummerweise aus Neugierde etwas und missachtete so die Anweisungen. Was Maharaj dann hervorzog, war eine Topfscherbe. Maharaj schalt ihn, gab ihm aber hinterher zwei Sandalen, die, wie Herr Abhyankar sagte, immer noch in der Familie verehrt werden.
Ich konnte nicht herausfinden, wann genau sich dieses ereignete, aber der Name Shrotri wird in der Bographie Dr. Dhaneshwars erwähnt, und es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dieser Vorfall am Ende der Zwanziger oder anfangs der Dreißiger Jahre ereignete.

War Maharaj wirklich 150 Jahre alt, als er starb? Die oben erwähnten Berichte lassen dieses zu. Solch ein langes Leben ist bei Yogis nicht ungewöhnlich. Wir wissen, dass Bhishma nach dem Mahabharata-Krieg im Alter von über 150 Jahren starb, und Lord Krishna starb im Alter von 119 Jahren, und das auch unfallbedingt. In neuerer Zeit ließ sich Govindananda Bharati (Shivpuribaba) in Shivpuri bei Khatmandu nieder, nachdem er durch die ganze Welt gereist war - meistens zu Fuß -, und der sogar einige in der Nähe Königin Victorias in England zubrachte. Seine beglaubigte Biographie (siehe Bibliographie) sagt, dass er 1963 im Alter von 137 Jahren starb. Shri Atmananda Swami, ein Nath-Panth-Heiliger, der gleichzeitig ein varkari war (d.h. er besuchte jährlich Pandharpur, um Vithoba zu sehen), starb 1988 in Chorakhali im Usmanabad-Bezirk im Alter von 128 Jahren. Man braucht sich über das hohe Alter Maharajs also nicht zu wundern.

Trotzdem hinterlässt all dieses ein Fragezeichen hinter der Geschichte von Maharajs Geburt, obwohl es anscheinend wenig Zweifel gibt, dass er früh im 19. Jahrhundert geboren wurde und im Alter von ca. 150 Jahren starb.
 

Maharaj in einer seiner zahlreichen verschiedenen Kleidungen

MAHARAJ KOMMT NACH MAHARASHTRA

Maharaj kehrte einige Zeit nach 1878, dem Todesjahr seines Gurus Shri Swami Samarth, nach Maharashtra zurück. Ungefähr sechzig oder siebzig Jahre müssen zwischen dem Verlassen des Himalajas und seinem Erscheinen in Maharashtra gelegen haben. Über seine Aktivitäten in dieser Zeit ist wenig bekannt, aber man muss die verschiedenen Legenden über ihn und Aussagen Maharaj selbst beachten, z.B. er sei zehn Jahre mit einem britischen Steuereinnehmer nach England gegangen. Die ganze Geschichte dieser dazwischenliegenden Jahre erscheinen rätselhaft, weil er unter verschiedenen Namen an verschiedenen Orten gelebt hatte und auch dort gestorben war.

Man erzählt, dass Maharaj anderswo unter anderem Namen bekannt gewesen sei. In der Gwalior-Gegend war er als Gourishankar bekannt und starb dort.  Einmal erzählte er, dass er bei Raver im Kandesh-Gebiet gewesen sei wo er als Kunwarswami bekannt war und dass sein Grabmal bei dem Ort Waghoda liegt, wo er 1878 starb. Das ist auch das Jahr, in dem auch sein Guru, Shri Swami Samarth von Akkalkot, starb. Das Verblüffende ist, dass Maharaj an diesen Orten Grabmale hinterließ um dann körperlich als Shankar Maharaj in Maharashtra zu erscheinen. Jedoch muss man im Gedächtnis behalten, dass er ein Siddha-Yogi war, und dass diese Dinge für ihn nicht unmöglich waren.
Trotzdem verwirrt es den normalen Menschen, der mit einer einsichtigeren Lebensgeschichte glücklicher wäre.
Maharaj selbst gab noch die Information, dass er einige Zeit mit berühmten Sängern und Pakhavaj-Spielern (zweisaitiges Schlaginstrument) zugebracht habe und selbst ein talentierter Sänger und Pakhavaj-Spieler geworden sei. Er habe diese Tätigkeiten aber aufgegeben, nachdem Shri Swami Samarth ihn aufgefordert hätte, seine Zeit nicht weiter mit diesen Dingen zu verschwenden. Shri Swami Samarth habe ihm dann verschiedene Arten von Yoga- und Tantra-Systemen gelehrt und ihm dann erlaubt, eigene Schüler zu haben. Auch hierzu fehlt jedoch die zeitliche Einordnung.

Bei seiner Rückkehr nach Maharashtra kam Maharaj zum Shuharai Math in Solapur (ein Math ist ein geistiges Zentrum) und wohnte bei Janardanbua, einem seiner Hauptschüler, dem Leiter des Math. Von dort besuchte er das Grabmal seines Guru in Akkalkot, das ca. 30 km von Solapur entfernt liegt. Dort hatte dieser von 1857 bis zu seinem Tode 1878 gelebt hatte. Maharajs Besuch in Akkalkot muss stattgefunden haben, als er über siebzig Jahre alt war, d.h. nach einer sechzig- bis siebzigjährigen Abwesenheit von Maharashtra. Sein Besuch in Solapur lag aller Wahrscheinlichkeit nach um 1900 oder etwas davor.

Von Solapur ging Maharaj nach Triambakeshwar bei Nashik, wo sich eine der zwölf Jyotirlingas befindet. Hier wohnte er bei Herrn Rumbhau Akolkar, einem Anwalt, und vollbrachte ein Wunder. Die Familie Akolkar hatte eine Kuh, die keine Milch gab. Maharaj bat, sie melken zu dürfen, und die Kuh gab Milch. (Es gibt eine ähnliche Geschichte aus Gurucharitra, in der Sri Narasimha Sarawati um 1400 v.Chr. ein ähnliches Wunder vollbrachte.)

MAHARAJ KOMMT NACH PUNA

Von Nashik ging Maharaj nach Puna. Es ist nicht bekannt, wann er genau ankam und wen er in Puna zuerst traf. Die frühesten Berichte über ihn gehen auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, als Dr. Dhaneshwar ihn im Gewand eines Fakirs in Nagar traf (um 1908 ). 1927 traf er Maharaj dann in seiner üblichen gebeugten Haltung in Daund bei Puna. Früher schon, um 1900, hatte Maharaj Dr. Dhaneshwars Schwiegervater in Burhanpur (Madhya Pradesh) getroffen und ihn von einer gefährlichen Krankheit geheilt. Die ersten erinnerten Berichte aus Puna selbst datieren nach 1938, nachdem ihn Yogi Dnyananath getroffen hatte. Zu der Zeit hatte Maharaj in Puna schon viele Schüler. Er blieb über lange Perioden in Puna und wählte dort 1947 Mama Dheknes Haus als Sterbeort aus.
   Die Geschichte Maharajs in dieser Zeit ist voller Erzählungen darüber, wie er seine Anhänger segnete und leitete. Bei allen Heiligen ereigneten sich Wunder, und Maharaj ist hier keine Ausnahme.

SEIN ERSCHEINEN NACH SEINEM TOD

Maharaj erschien seinen Anhängern sogar noch nach seinem Tod und half ihnen bei Schwierigkeiten. Einzelne Fälle werden weiter unten behandelt. Viele Siddhayogis haben die Fähigkeit hierzu, wie man aus den Biographien von Shri Narasimha Saraswati, Shri Swami Samarth, Shri Gajanan Maharaj und Sri Saibaba von Shirdi ersehen kann.

Das Besondere bei Maharaj ist aber, dass er nicht nur durch Erscheinungen und Träume hilft sondern auch vermittels bestimmter Personen (Medien). Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Herr Dinesh Kulkarni, ein ehemaliger Schullehrer. Man weiß, dass Maharaj seinen Körper als Medium benutzte, anfangs nur hin und wieder, später aber dauernd über viele Jahre hinweg. Wir werden mehr hierüber in einem späteren Kapitel lesen.

Diese Erscheinungen mögen einer materialistisch eingestellten Person fremdartig vorkommen. Es gibt aber auch in der westlichen Welt eine große Anzahl von Vorfällen, bei denen Jesus Christus und seine Mutter, die Jungfrau Maria, vielen Leuten erschienen sein soll, um ihnen zu helfen oder ihren Glauben zu stärken. Das beste Beispiel ist das von Bernadette, deren Vision der Jungfrau Maria am 11.2.1858 der westlichen Welt die berühmten heilenden Quellen von Lourdes in Frankreich schenkte.


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                    Chintamaninagar 2, Bibwewadi, Puna 411037, INDIEN
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Deutsche Übersetzung:   Dietrich Platthaus, Rüstermark 58, D-45134 Essen

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Letzte Änderung 2005-MAR-08